Lernen durch Rituale: Leben Sie ein Lächeln beim Eintreten oder andere bedeutsame gute Gewohnheiten vor? Ihre Rituale von morgen sind die, die Sie heute einführen!
# 4. Die Macht der festen Rituale
Händeschütteln bei der Begrüßung. Marmeladenbrot am Morgen. Das Amen in der Kirche. Unser Leben steckt voller Rituale. Viele davon bemerken wir gar nicht. Wir machen Dinge einfach immer wieder auf die gleiche Art. Das gibt uns Halt und Orientierung. Ohne Rituale, Zeremonien und symbolische Gesten wäre das Entstehen komplexer Gesellschaften wohl gar nicht möglich gewesen. Sie machen geteilte Werte und einen geteilten größeren Zusammenhang sinnlich erfahrbar. Vom kleinen Alltagsritual bis zu großen Gesten der Lebensbewältigung zu Abschied, Übergang, Versöhnung.
Gute Gewohnheiten prägen
Das Krankenhaus ist da keine Ausnahme. Denken Sie etwa an das Visitenritual: Die Pflege überzeugt sich, dass die Patientenzimmer ordentlich sind. Dann ordnet sie den Visitenwagen. Währenddessen sieht die Stationsärztin Kurven mit dem Oberarzt durch. PJ-Student, Pflegeschüler, Fallmanager stehen stand by. Bis der Chefarzt auf Station kommt und die Gruppe in hierarchisch wohl geordneter Folge ins Zimmer tritt. Chef und Patient werden einander vorgestellt. Der Chefarzt lässt sich von der Stationsärztin Krankheitsverlauf, Behandlungsmaßnahmen und letzte Laborparameter berichten. Der Oberarzt greift ein. Fasst seine Diagnose in lateinisierten Fachtermini zusammen. Der Chefarzt bestätigt den nächsten Behandlungsschritt. Der Patient wird verabschiedet. Und der Pulk zieht zum nächsten Bett weiter, wo sich das Ritual wiederholt. Von Bett zu Bett, von Raum von Raum, von Visite zu Visite.
Die tägliche Visite, eines der wichtigsten Rituale in einem Krankenhaus. Und Rituale sind bedeutend und wichtig, da sie Identität, Halt und Orientierung vermitteln. Sie geben uns das Gefühl, die Dinge im Griff zu haben. Rituale haben eine enorme Macht – im Positiven wie im Negativen. Sätze wie „Das haben wir immer schon so gemacht“ können eine unheimliche negative Kraft entwickeln. Denn sie machen den Wandel unmöglich.* Sie sorgen für Starrheit. Im Falle der ritualisierten Visite bedeutet das: der Arzt pflegt sein Wunderheiler-Image. Er ist der „Gott in Weiß“. Wissenschaftliche Diskussionen werden unmöglich. Die Pflege bleibt in eine Rolle gepresst, in der sie sich immer wieder wie in einer Prüfungssituation fühlt. Und der Patient? Der fühlt sich nicht wahrgenommen und verstanden.
Lernen durch Rituale
„Naja, das war eben schon immer so“, sagen Sie jetzt vielleicht. Na und?! Rituale können etwas Gutes, Haltgebendes sein. Aber sie dürfen nicht mehr sein als eine Stütze, eine Unterstützung. Fragen Sie sich doch mal, wo in ihrem Arbeitsalltag Rituale gelebt werden, die sie längst nicht mehr unterstützen, sondern einschränken. Die das Positive verhindern, statt ihm einen Rahmen zu geben. Wie ist das in Ihrem Umfeld, zum Beispiel bei der Visite? Nur starre Formen? Oder echtes Leben? Vielleicht ist es an Ihnen, die Rituale zu hinterfragen. Und sie durch dienlichere zu ersetzen. Das kann mit einem Lächeln anfangen. Mit der einfach Frage: „Haben Sie, lieber Patient, alles verstanden, was wir mit Ihnen vorhaben?“ Sicher fallen Ihnen Möglichkeiten ein. Und dann: Leben Sie sie! Denn die Rituale von morgen sind die, die Sie heute einführen!
[*] Vgl. dazu auch die schöne Parabel von Spencer Johnson: Die Mäusestrategie.