Die Meta Studie von Lacerenza et.al. (2017) ist eine breit angelegte Meta Analyse von Studien zur Wirksamkeit von Leadership Programmen. Sie schloss englischsprachige empirische Studien von 1951-2014 ein, die Aussagen über die Wirksamkeit durch Vorher/Nachher-Vergleich und/ oder durch Vergleich mit einer unabhängigen Kontrollgruppe ermöglichten. Es blieben 335 Einzelstudien, die entsprechend 15 potenziellen Einflussfaktoren und den 4 Outcome Kriterien von Kirkpatrick codiert und dann umfangreichen Testungen unterworfen wurden. Damit liefert die Meta Studie in bis dahin ungekanntem Maße validierte Zahlen/ Daten/ Fakten für die Effektivität von Leadership Programmen. Die Ergebnisse sind hoch relevant. Die Meta Studie ist hier von uns in wenigen Zeilen zusammengefasst.
Das Stufenmodell von Kirkpatrick (1959) zur Evaluation von Trainings
Kirkpatrick [1] hat ein Modell zur Bewertung der Effektivität von Trainings entlang von vier Outcome Kriterien entwickelt. Das Modell von Kirkpatrick ist das in Theorie und Praxis bis heute am weitesten verbreitete Framework. Daher stellt es die Grundlage für die Evaluation von Bildungsmaßnahmen dar. Kirkpatricks These ist, dass ein Training nur wirklichen Mehrwert bietet, wenn sukzessive alle vier Kriterien der Evaluation durchlaufen werden. Die Kriterien bilden Stufe für Stufe den Prozess ab, den ein Teilnehmer durchläuft. Jede Stufe ist dabei jeweils Voraussetzung für einen Erfolg auf der nächsten Stufe: Die unmittelbaren Reaktionen beeinflussen die Lernmotivation der Teilnehmer. Die ist wiederum Voraussetzung für den Transfer in die Praxis und das Erzielen von Ergebnissen im Umfeld der Teilnehmer und in der Organisation.
Die Evaluation von Trainings soll darum den vier Stufen folgen. Die Prüfung kann auf jeder Stufe Hinweise zur Verbesserung bieten. Überprüft werden sollen laut Kirkpatrick die Reaktionen, der Lernerfolg, der Praxistransfer und das Ergebnis.
1. Stufe: Reaktionen – Zufriedenheit und Nutzenbewertung
Zunächst sollen die unmittelbaren Reaktionen der Teilnehmer auf das Training abgefragt werden. Hier geht es v.a. um ihre Zufriedenheit und die Wahrnehmung des Nutzens. Haben sie eine positive Haltung zum Training, haben sie eine andere Motivation zu lernen. Zudem vermittelt die Abfrage den Teilnehmern, dass ihre Meinung wichtig ist und daraus Veränderungen abgeleitet werden. Die Reaktion der Teilnehmer auf ein Training ist wichtig, doch reicht allein nicht. Wenn Trainings in der Praxis evaluiert werden, beinhaltet das fast immer die Reaktionen.
Die Reaktionen können als Indikator genommen werden, wie ein Mensch zum Lernen motiviert ist und Interesse für die unmittelbare Anwendung des Gelernten hat. Ohne Motivation findet nach der Lerntheorie kein Lernen statt. Wie nützlich ein Teilnehmer ein Programm findet, könnte so Einfluss auf seine Lernmotivation haben. Im Allg. rufen Schulungen positive Reaktionen bei den Teilnehmern hervor und werden als Unterstützung geschätzt.
2. Stufe: Lernerfolg – Wissen, Kompetenz und Einstellung
Lernen ist eine „permanente Veränderung von Wissen oder Fertigkeiten… durch Erfahrung“ [2]. Bei der Überprüfung des Lernerfolgs der Teilnehmer sind drei Lernmaße wichtig: welches Wissen (kognitive, intellektuelle oder mentale Kenntnisse) erlernt und welche Kompetenzen (z.B. Führungsfähigkeiten und/ oder Fertigkeiten) entwickelt wurden und ob die Einstellung (affektive Zustände oder mentale Konstruktionen der Welt) sich verändert hat. Alle drei Elemente sollten dabei bereits vor dem Training abgefragt werden. Bevor Inhalte umgesetzt werden können, muss sicher sein, dass diese auch gelernt wurden. Es ist z.B. zu erwarten, dass Hard Skill Trainings stärker auf Verhalten als auf Haltungen fokussieren.
3. Stufe: Praxistransfer – Wissen, Kompetenz, Einstellung und Arbeitsleistung
Auf der 3. Stufe soll die faktische Anderung des Verhaltens am Arbeitsplatz anhand der Teilnehmer selbst oder der Beurteilung ihres Umfeldes überprüft werden. Sie ist meist das eigentliche Ziel eines Trainings und kann doch erst überprüft werden, nachdem der Teilnehmer die Zeit und Möglichkeit zur (langfristigen) Anwendung hatte. Es geht darum festzustellen, ob und in welchem Ausmaß Teilnehmer die vermittelten Kompetenzen nutzen und damit Arbeitsleistung erbringen. Daher ist die Transferbewertung für die Beurteilung der Wirksamkeit von Führungstrainings entscheidend. Die empirische und metaanalytische Evidenz deutet darauf hin, dass Leadership Programme im Allg. einen Praxistransfer erreichen.[3]
4. Stufe: Ergebnisse – Organisation und nachgeordnete Mitarbeiter
Abschließend sollen die finalen Ergebnisse für das Unternehmen evaluiert werden. Kirkpatrick empfiehlt dazu, auf jeder Stufe die Verwendung von Vergleichsgruppen zu nutzen, die kein (oder ein anderes Training) erhalten haben. Signifikante Effekte waren in Einzelstudien vielfach nicht nachweisbar, während Meta Studien darauf hindeuten, dass Leadership Programme einen positiven Effekt auf die Ergebnisse haben.[3] Dies kann als Nebenprodukt vom Lernen und Praxistransfer gesehen werden.
Die Verbesserung der Führung steigert die Effektivität der Geführten nach unten (trickle down) und aggregiert sich zu Ergebnissen auf Ebene der Organisation (trickle up). Nachgeordnete Ergebnisse können sein: Mitarbeiterzufriedenheit, Leistungsbewertung der Führung durch deren Mitarbeitende. Organisatorische Ergebnisse können dann Fluktuation, Fehlzeiten, Schwund, Return on Investment, Erträge, Nutzen des Trainings im Vergleich zu den Kosten etc. sein. Wenn die Auswirkungen nicht direkt überprüft werden können, können diese auch indirekt durch Einschätzung der Führungskräfte überprüft werden.
Design der Lacerenza Studie
Das Hauptziel der Lacerenza Studie [3] sind zwei explorative Fragen: Sind Leadership Programme effektiv und unter welchen Einflussfaktoren sind sie ggf. am effektivsten?
Dazu führten die Autoren eine aufwändige Meta Analyse von empirischen Studien von 1951-2014 durch, die sich mit der Bewertung von Leadership Programmen beschäftigen. Die erste Recherche ergab über 20.742 Artikel in der Erwachsenenbildung.[4] Die Analyse schloss Studien ein, wenn sie eines der folgenden Versuchsdesigns erfüllte: Messungen der Teilnehmer vor und nach dem Training oder Messung einer Experimental- und einer unabhängigen Kontrollgruppe bzw. beides in Kombination. Dieses Kriterium schloss die Mehrzahl der Studien aus. Weitere Einschlusskriterien waren, dass die Studie in englischer Sprache verfasst war, Stichprobenumfang und Informationen zur Berechnung einer Effektgröße lieferte. Schließlich mussten die Teilnehmer Angestellte sein. Die Anwendung der Kriterien führte zu einer Stichprobe von 335 unabhängigen Studien mit 26.573 Teilnehmern.[5]
Lerntheorie und Forschung zur Ausbildung von Führung wurden in ein Studiendesign übersetzt. Das Kirkpatrick Modell wurde genutzt, um die Wirksamkeit von Führungstrainings in Bezug auf das Outcome segmentiert zu analysieren. Die Modellierung umfasste auf Seite der Einflussgrößen 15 potenzielle Treiber der Effektivität von Leadership Programmen. In enormer Fleißarbeit wurden alle 335 Einzelstudien gemäß der Modellierung kodiert und dann umfangreiche Tests vorgenommen. So liefert die Lacerenza Studie einen Schatz von in bis dahin unbekanntem Maße validierte Zahlen/ Daten/ Fakten für die Effektivität von Leadership Programmen. Auf denen können Programme seitdem systematisch aufsetzen.
Frage 1: Sind Leadership Programme effektiv?
Leadership Programme wurden systematisch entwickelt. Sie sollen Führungskräfte aus- und weiterzubilden, sich effektiv an Führungsrollen und -prozessen im Dienste der Performances zu beteiligen. Dabei zielen neuere Ansätze v.a. auf das soziale Zusammenspiel zwischen Führung und Geführten. Die Studie stellt hier rein auf die Inhalte der Programme ab und behandelt diverse Labels der Trainings als synomym.[6]
Die Studie von Lacernza et.al. liefert bemerkenswerte Beiträge. Im Gesamteffekt kann die Meta Studie mit dem großen Datensatz erstmals die Wirksamkeit von Leadership Programmen mit hoher Signifikanz belegen. Die Programme sind damit weit effektiver, als es Bemerkungen aus der Praxis und frühere Studien vermuten lassen.
Die Studie weist auch nach, dass diese zu besserem Lernen (25% effektiver, hier v.a. kognitiv), besseren Transfers in die Praxis (28% effektiver, hier v.a. kompetenzbasiert) und besseren Ergebnissen (hier v.a. im Orga-Gefüge 25% effektiver und im Hinblick auf Transformation und Entwicklung der Mitarbeiter) führen. Insofern zeigt die Lacernza Studie, dass Führung systematisch trainiert werden kann und Leadership Programme die Outcomes verbessern. Diese Studie ist zudem die erste, die zeigt, dass Leadership Programme positive Reaktionen der Teilnehmer im Hinblick auf die Bewertung von Nutzen und Zufriedenheit erzeugen. Dass sie von den Teilnehmern also geschätzt werden.
Frage 2: Wie lässt sich die Effektivität eines Programms stärken?
Um die Effektivität von Leadership Programmen entlang des Modells von Kirkpatrick weiter zu fokussieren, wurden 15 potenzielle Einflussfaktoren aus der Lerntheorie umfangreichen Tests unterzogen. Es wurde jeweils gefragt, inwieweit die Einflussfaktoren die Wirksamkeit der Progamme in den vier Kriterien signifikant stärken. Dabei stellte sich heraus, dass Studien, die über Reaktionen berichten, meist ein Post-Only-Versuchsdesign verwenden, wodurch die überwiegende Mehrheit der Primärstudien mit Reaktionsdaten von der metaanalytischen Untersuchung ausgeschlossen wurde. Nur sieben experimentelle Studien mit Reaktionsdaten wurden in die Meta Analyse eingeschlossen. So waren bei den Reaktionen kaum signifikante Ergebnisse zu erhalten. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich daher nur auf die drei mittel- bis langfristigen Kriterien Lernen, Transfer und Ergebnisse.
Die Tests deuten in der Tat darauf hin, dass das Ausmaß, in dem ein Programm effektiv ist, mit Design, Bereitstellung und Implementierung zusammen hängt. Daher kann Studie als Leitfaden bei der Entwicklung eines Leadership Programms in der Praxis dienen. Folgende 15 Einflussfaktoren wurden untersucht und führten wie folgt zu differenzierten Testergebnissen:
1. Bedarfsanalyse
Bedarfsanalysen identifizieren relevante Schulungsbedarfe in der Organisation und richten das Programm darauf passgenau aus. Hypothese ist, dass die Relevanz zu Lernen und Umsetzung am Arbeitsplatz motiviert und stärker auf Ergebnisse fokussiert. Die Studie zeigt, dass Programme, die spezifisch aus einer vorgeschalteten Bedarfsanalyse entwickelt wurden, zu mehr Lernen und Transfer führen. Dies unterstützt nicht nur die seit langem bestehende Theorie, sondern auch die verbreitete Praxis. Dieses Muster wurde jedoch nicht für die Ergebnisse gefunden.
2. Freiwilligkeit vs. Verpflichtung zur Teilnahme
In puncto Lernerfolg gab es keinen signifikanten Unterschied. Freiwillige, intrinsisch motivierte Teilnahmen zeigten jedoch einen positiven Transfereffekt gegenüber obligatorischen Programmen.
Die Freiwilligkeit weist dagegen deutlich schwächere organisatorischen Ergebnisse auf, da sie eine geringere Durchdringung in der Führung erreicht. In der Meta Stichprobe umfassten obligatorische Programme, die organisatorische Ergebnisse evaluierten, im Mittel 263/41 > 6,4 mal so viele Teilnehmer wie freiwillige Programme. Das aber bedeutet, dass freiwillige Programme attraktiver zu gestalten sind, um wesentlich mehr Teilnehmer zu gewinnen.
Dies bestätigt die Theorie, die besagt, dass Teilnehmer, die hohe Motivation aufweisen und einen Wert im Leadership Programm sehen, das Gelernte mit größerer Wahrscheinlichkeit am Arbeitsplatz umsetzen. Dadurch steigen Nutzen und Effektivität des Trainings. Um die Transfer Motivation zu pushen, sollten darum auf Freiwilligkeit gesetzt werden. Ein befriedigtes Bedürfnis nach Autonomie fördert die Motivation, Konzepte zu erlernen und umzusetzen.[7]
3. Integrationszeit zwischen den Modulen (Spacing)
Durch Zeiten zwischen den Modulen erreichen es Teilnehmer entspannter, Inhalte zu lernen, umzusetzen und nachhaltig in die Organisation zu integrieren. In der Tat kann die statistische Testung nicht nachweisen, dass Integrationszeiten zwischen den Einheiten zu signifikant effektiveren Lernen führen. Das spiegelt nicht die gängige Lerneffizienztheorie, die eine Grenze der Gedächtniskapazität postuliert. Sobald die Grenze überschritten ist, werden übermäßige Informationen nicht im Langzeitgedächtnis verarbeitet. D.h. es wird unterstellt, dass bei Überschreiten der Kapazität die Verarbeitungs- und Lernfähigkeiten behindert werden oder ganz verloren gehen. Dadurch wird die Fähigkeit des Lernenden eingeschränkt, in Zukunft auf die Informationen zuzugreifen.
Trainingsprogramme, die sich über mehrere Module erstreckten, zeigten allerdings in der nachgelagerten Verarbeitung größere Transfer- und Ergebnis-Wirksamkeit als Programme ohne Integrationszeiten.
4. Untere Führungsebene
Frühere metaanalytische Arbeiten ergaben den so g. Deckeneffekt: Dass Führungskräfte auf unterer Ebene – d. h. diejenigen, die direkt mit Mitarbeitern interagieren – im Vergleich zu jenen auf mittlerer und hoher Ebene für Führungstrainings empfänglicher sind und die Programme entsprechend stärker wirken. Die Veränderungsresistenz der oberen Ebenen wird durch vergangene Erfolge und Erfahrungen erklärt. Neue Führungskräfte steigen auf unteren Führungsebenen in die Führungsrolle ein und erreichen die erhofften Zugewinne leichter. Das Argument wird im heutigen Gesellschaftswandel, der zu neuen Anforderungen an Führung führt, jedoch auf den Kopf gestellt.
In dieser Studie zeigt sich der Deckeneffekt nur für den Transfer. Lernzuwächse sowie organisatorische und mitarbeiterbezogene Ergebnisse unterscheiden sich nicht signifikant je nach Führungsebene. Insgesamt zeigt die Analyse damit, das vorausgehende Studien weniger auf einen Deckeneffekt oder ein Motivationsdefizit bei höherrangigen Führungskräften weisen, als auf ein Transferproblem, das ggf. durch bereits lange etablierte, schwer zu ändernde Gewohnheiten verursacht wird.
5. Einbindung externer Trainer
,Nicht selten wird Führung sich selbstorganisiert per Learning by Doing angeeignet. Bei Lernen und Ergebnisse gab es keine signifikanten Unterschiede. Jedoch waren Programme, die von externen Dozenten durchgeführt wurden, mit signifikant stärkeren Effekten für den Transfer verbunden als selbstorganisierte Programme. Externe Trainer wirken also auf die Motivation zur Umsetzung signifikant ein.
6. Praxisorientierte Schulungsmethoden
Schulungsmethoden können didaktisch in 3 Kategorien eingeteilt werden:
- kognitive Vermittlung auf Basis von Information (z.B. Vorlesung, Präsentation, textbasierte Materialien)
- Kompetenz Vermittlung auf Basis von Demonstrationen und Trainings (z. B. Fallstudien, Modellierung, Avatare, Audio, Video, Simulationen)
- praxisbasierte Übungen (z. B. Rollenspiele, Simulationen, Spiele, Übungen, Selbstreflexionen)
Die Lernwissenschaft geht in puncto Führungsskills davon aus, dass isoliert betrachtet von den drei Methoden die praxisbasierte am effektivsten wirkt. Und auch frühere metaanalytische Forschungen weisen nach, dass praxisbasierte Methoden in Tendenz effektiver als andere sind. Sie ermöglichen es den Teilnehmern, das Material zu konzeptualisieren und in einer realistischen Umgebung umzusetzen. V.a. die konstruktivistische Lerntheorie nach Piaget legt nahe, dass Lernen verbessert wird, wenn der Lernende durch seine Erfahrungen Konstruktionen der Welt entwickelt und darüber reflektiert. Wenn Führungskräften ermöglicht wird, bestimmte Kompetenzen zu üben, sind sie in der Lage, ihre Führungserfahrung aktiv zu reflektieren. Das erhöht die Geschwindigkeit, mit der sie aus ihren Erfahrungen lernen.[3]
Faktisch aber zeigten informationsbasierte Methoden signifikant stärkere Effekte auf das Lernen als praxisbasierte. Das entgegengesetzte, theoretisch erwartete Muster trat bei den Ergebnissen auf. Für den Transfer wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden.
7. Methodenmix aus mehreren Vermittlungsmethoden
Parallel stellt die Studie fest, dass Leadership Programme, die einen Mix aus allen drei Methoden beinhalten, bei Lernen, Transfer und Ergebnisse signifikant effektiver waren als Programme, die nicht alle drei Methoden berücksichtigen. Es zeigt sich, dass jede Methode für sich genommen durch Hinzunahme von 1-2 weiteren Vermittlungswegen hochsignifikant effektiver wird.
Programme, die alle drei Methoden beinhalten, weisen eine größere Effekte für Lernen und Ergebnisse auf – v.a. jeweils gegenüber Programmen, die nur mit Informationen arbeiten. Aber auch für den Transfer zeigten Programme, die alle drei Methoden beinhalten, signifikant stärkere Effekte im Vergleich zu Programmen, die nur Praxis beinhalteten oder nur informationsbasierte Methoden sowie bestimmte Kombinationen von nur zwei Vermittlungsmethoden.
8. Feedback im Training
Programme, die effektives Feedback an die Teilnehmer enthielten, hatten signifikant stärkere Effekte für den Transfer als solche ohne Feedback. Es gab jedoch keinen signifikanten Unterschied zwischen Interventionen, die Feedback verwendeten, und solchen ohne Feedback in den Bereichen Lernen und Ergebnisse. Letzteres könnte daran liegen, dass keine effektiven Feedback-Designs (mit effektiven Feedback-Kriterien) implementiert wurden. Ein Beispiel, wie Feedback die Effektivität von Führungstrainings verbessern kann, ist eine Checkliste von Feedbackkriterien nach einem Rollenspiel.
Feedback ermöglicht den Teilnehmern einen Einblick in ihre aktuellen Fähigkeiten, Erfolge, Misserfolge und Verhaltensdefizite zu bekommen und ihre Leistung im Vergleich zur Erwartung verorten können. Darüber hinaus hilft Feedback beim Lernen und Transfer. Teilnehmer, die sich aktiv an Trainingsaktiviäten. beteiligen, lernen schneller, weil sie ihr Lernen und Verhalten anpassen, nachdem sie Problemfelder ermittelt haben. Das führt zu einem höheren Umsetzungstransfer. Feedback erzeugt jedoch auch Affekte. Damit kann es emotional getriggert Wahrnehmung des Nutzens erhöhen, wodurch positive Reaktionen zunehmen.
9. 360-Grad-Feedback
Es war mit der geringen Zahl verfügbarer Primärstudien mit Fokus auf 360-Grad Feedback (das ist Feedback aus mehreren Quellen wie z. B. von Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kunden) statistisch nicht nachweisbar, dass Feedbacks effektiver sind die auf mehreren und nicht nur auf einer Quelle beruhen. Obwohl etwa 90% der großen Unternehmen das 360-Grad Instrument nutzen. Die Führung erhält einen Bericht mit den zusammengefassten Bewertungen, um eine ganzheitlichere Sicht auf ihre Wirkung zu erhalten. [3]
10. Inhouse Trainings
Trainings vor Ort zeigten signifikant stärkere Auswirkungen auf die Ergebnisse als externe Programme, offsite der gewohnten Arbeitsumgebung. Der Effekt war jedoch nicht signifikant für das Lernen oder den Transfer. Erklärung kann sein, dass sich Inhouse Programme mit den spezifischen Schulungsbedarfen auseinander gesetzt haben und für die Teilnehmer maßgeschneidert und anwendbar konzipiert sind. Zudem können die Kosten für externe Programme höher sein, so dass tendenziell weniger umfassende externe Trainings gewählt werden als vor Ort. Obwohl einige Forscher und Praktiker feststellen konnten, dass die Arbeit vor Ort die Teilnehmer ablenken können, überwiegen langfristig die Vorteile.
11. Leadership Programme in Präsenz
Die Theorie sieht Selbstbestimmung und Lernerzentrierung und den archivarischen Zugang zu den Materialien als Vorteile von E-Learning. Die erschwerte zwischenmenschliche Interaktionen, der Mangel an Feedback und Probleme von Nutzern mit der Technologie als Nachteile. Programmen in Präsenz ist es en passant möglich, individuell den Fortschritt jedes Teilnehmers zu beobachten und Inhalte, Schwierigkeit und Didaktik bei Bedarf anzupassen. Im Gegensatz dazu sind virtuelle Programme mit ihrer asynchrone Kommunikation hier wenig interaktiv.
Face-to-Face Programme weisen einen signifikant stärkeren Effekt für den Transfer auf als virtuelle Programme, bei denen die Trainer nicht physisch vor Ort sind. Das Setting des Leadership Programms – ob in Präsenz oder E-Learning – hat hingegen keinen nachweisbaren Effekt auf das Lernen und die Ergebnisse.
12. Soft Skills vs. Hard Skills
Welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten das Programm umfassen soll, um die Effektivität zu maximieren, wenn eine Bedarfsanalyse nichts vorgibt, wurde mit Hilfe der 4 Domänen nach Hogan/ Warrenfeltz (2003) untersucht: [8]
- Intrapersonale Fähigkeiten der Selbstführung (z.B. Stressbewältigung, Selbst- und Zeitmanagement)
- Interpersonelle zwischenmenschliche Fähigkeiten (z.B. Kommunikation, aktives Zuhören)
- Führungsqualitäten (z.B. Teambildung, Erzielen von Ergebnissen durch Beeinflussung des Verhaltens anderer)
- Geschäftliche bzw. betriebswirtschaftliche Fähigkeiten (z.B. Strategie, Datenanalyse, Problemlösung und Entscheidung, Finanzen und Budgets)
Der Fokus in den ersten drei Kompetenzfeldern liegt auf Soft Skills. Im letzten liegt er auf Hard Skills. Alle vier Donänen erwiesen sich als wirksam. Jedoch waren Programme, die bestimmte Felder umfassten, signifikant effektiver: Sowohl in Bezug auf das Lernen als auch auf den Transfer war das Training betriebswirtschaftlicher Kompetenzen am effektivsten. Von Lacerenza et. al. wird das damit begründet, dass von den vier Feldern die Hard Skills am einfachsten zu erlernen und zu vermitteln sind.[3] Soft Skills (d.h. die ersten drei Felder) sind dagegen für die langfristigen Ergebnisse wichtigster als Hard Skills. Beim unmittelbaren Lernerfolg waren zudem Selbstführungsinhalte effektiver als intrapersonale Kompetenzen. Beim Transfer waren Führungsqualitäten signifikant wirksamer als intrapersonale Kompetenzen.
13. Gemeinsame Evaluation durch Wissenschaft und Praxis
Evaluatoren aus der Praxis sind in der Regel an der Konzeption, Durchführung und Evaluation des Programms selbst beteiligt. Sie haben daher subjektives Interesse an den Bewertungen. Zu erwarten ist, dass Leadership Programme, die von einem Team aus Wissenschaftlern und Praktikern evaluiert werden, die Theorie bereits in Konzeption und Durchführung des Programms transferieren.
Studien mit akademischen und praktischen Evaluatoren erzielten die signifikant größten Effekte in Lernen und Transfer im Vergleich zu Studien, die nur von unabhängigen Akademikern bewertet wurden. Größere Lerneffekte waren auch bei gemischten oder rein akademischen Teams im Vergleich zu rein praxisorganisierten Evaluationen assoziiert. Ein anderes Resultat zeigen die langfristigen Ergebnisse: Studien nur mit akademischen Evaluatoren zeigten die größten Auswirkungen auf die Ergebnisse im Vergleich zu den Evaluatoren aus der Praxis und gemischten Teams von Evaluatoren.
14. Dauer des Trainings
Die Dauer des Trainings (in Stunden) hat einen Einfluss auf die Effektivität. Allerdings erst in der langen Sicht auf die der organisatorischen Ergebnisse und nachgeordneten Ergebnisse via Transformation und Entwicklung der Mitarbeiter. Dies kann am erhöhten Wissenstransfer, mehr Zeit für die Vermittlung und die Verinnerlichung oder an einer erhöhten Wahrnehmung des Wertes von umfangreicheren Leadership Programmen gleichermaßen liegen. Die signifikant positive Korrelation zeigt, dass die Führungskräfteentwicklung den Einsatz an Zeit braucht, um nachhaltige Ergebnisse zu erreichen.
15. Steigende Wirksamkeit im Laufe der Zeit
Design, Durchführung und Implementierung von Leadership Programmen haben sich über die Jahre verändert. Das Erscheinungsjahr der jeweiligen Studie zeigt einen signifikant positiven Zusammenhang mit den Ergebnissen. Die zunehmende Wirksamkeit der Programme – etwa durch eine immer ausgefeiltere Didaktik – erweist sich hingegen in puncto Lernen oder Transfer nicht als statistisch signifikant.
Schlussfolgerung
Die meisten der untersuchten Einflussfaktoren der Wirksamkeit von Leadership Programmen waren für einige, aber nicht für alle Outcome Kriterien wichtig. Z.T. sogar mit gegenläufigem Effekt auf unterschiedliche Kriterien. Das bedeutet, dass Programme gewünschte Effekte in den verschiedenen Kriterien priorisieren und das Trainingsdesign entsprechend ausgestalten sollten.
Folgende Einflussfaktoren bestätigten sich in der Lacerenza Studie als signifikant in Bezug auf die jeweiligen Outcome Kriterien:
Aus ihren umfangreichen Untersuchungen leiten Lacerenza et. al. folgende acht Evidenced-based Best Practices Empfehlungen für die Gestaltung effektiver Leadership Programme ab:
- Führungskräfte können ausgebildet werden. Leadership Programme sind dazu wirksam.
- Vor der Konzeption des Programms sollte der Bedarf analysiert und die gewünschten Ergebnisse und deren Priorität identifiziert werden.
- Die Vermittlung soll didaktisch stets mehrere Methoden umfassen (Informationen, Demonstrationen und praktische Übungen). V.a. ist auf die Praxisorientierung Wert zu legen.
- Dass sich der Aufwand für systematische 360-Grad Feedbacks an die Führungskräfte gegenüber einfachen Feedbacks rechnet, ist nicht evident.
- Zwischen den Schulungsmodulen soll genügend Zeit zur Integration des Lernstoffs liegen.
- Selbstorganisiertes Lernen im Leadership ist weniger effektiv als ein Training.
- Bringen Sie zur Evaluation des Programms Wissenschaft und Praxis zusammen.
- Die Merkmale des Trainingsdesigns haben unterschiedliche mittel- und langfristigen Wirkrichtungen.