Legenden beinhalten ein Stück Menschheitsgeschichte. Doch werden sie heute nicht mehr selbstverständlich verstanden. Im Grunde sind sie Metaphern innenseelischer Vorgänge. Die christliche Legende vom Drachenkampf von Georg und Cleolinda mit ihren Reibungspunkten ist eine mir bedeutsame Legende für den inneren Weg zur Gewaltfreiheit und Friedensfähigkeit des Menschen. Es ist sehr verdichteter Stoff. Meine Auslegung ihre Tiefe fällt hier darum sehr ausführlich aus.[1]
Die Legende des Heiligen Georg vom Kampf mit dem Drachen
Originär ist eine Legende eine religiöse Erzählung über das Leben bzw. Martyrium eines Heiligen. Kern ist eine wahre Begebenheit, um die herum sich gerade im Mittelalter weite Ausschmückungen legten. Um 1245 bis 1273 wurde vom Erzbischof Jacobus de Voragine die Legenda Aurea verfasst. Eine Sammlung von 182 Biografien, Lebens- und Legendengeschichten christlicher Heiliger aus diversen Quellen (wie der Kirchenväter Augustinus und Hieronymus). Diese wurde nach ihrer Drucklegung ab 1470 in vielen Übersetzungen und regionalen Erweiterungen das verbreitetste Volksbuch des Mittelalters. So hatte es starken Einfluss auf die Volksfrömmigkeit. Dazu trug die einfache Sprache und Kürze bei. Die Legenden des Jacobus waren für Jahrhunderte eine Quelle der Heiligenverehrung und der Ableitung der Heiligenattribute.
Die Georgslegende In der Legenda Aurea
Im See nahe Silena (heute Libyen) wohnte ein Drache. Er kam immer wieder vom See bis an die Mauern der Stadt und brüllte. Viele Bewohner sind dabei an seinem giftigen Atem gestorben. Um ihn von der Stadt fernzuhalten, beschlossen sie, ihm Schafe zu opfern. Als sie keine Tiere mehr hatten, waren sie bereit, auch Menschen zu opfern. Es wurde gelost, wer der nächste sein musste. Dann traf das Los die Tochter des Königs, Cleolinda. Der König bettelte, ihm seine Tochter zu lassen und bot dafür Gold, Silber und sein halbes Königreich an. Doch er fand kein Gehör und verzweifelte.
Der junge Ritter Georg tauchte auf, als die Königstochter am See vor der Stadt stand. Er fragte die Schöne, warum sie weine, und sie entgegnete: „Ritter, fliehe von diesem Ort. Gleich kommt der unersättliche Drache und wird dich auch fressen.“ Georg aber sprach: „Hab‘ keine Angst. Ich will dir helfen im Namen von Jesus Christus.“ Nach Gebet und Kreuzesgeste ritt er dem Drachen entgegen. Er rammte ihn mit seiner Lanze zu Boden. Dann rief er Cleolinda zu: „Hab‘ keine Angst. Lege dem Drachen deinen Gürtel um den Hals und führe ihn nach Silena hinein!“ Sie tat es und der Drache folgte ihr wie ein zahmer Hund in die Stadt.
Die Leute fürchteten sich so, dass sie zunächst in die Berge flohen. Georg rief hinter ihnen her: „Habt keine Angst. Gott hat mich geschickt, dass ich euch vom Drachen befreie. Glaubt an Jesus Christus und lasst euch taufen.“ Dann zog er sein Schwert und gab dem Drachen den Todesstoß. Die Bewohner der Stadt wurden froh über ihre Befreiung und der König und etwa 20.000 andere bekehrten sich zum Christentum und ließen sich taufen.
Der historische Georg
Der kleinasiatische Märtyrer St. Georg entwickelte sich dank der Legenda Aurea zum berühmtesten Drachenkämpfer des Hoch- und Spätmittelalters. Wenn man die Legende des Heiligen Georgs ihres sagenhaften mittelalterlichen Beiwerks entledigt, bleibt das Gerüst der historischen Begebenheit, die Vorbild für die Legende war:
Belegt ist, dass der historische Georg um 283 in der heutigen Türkei geboren war. Er erlernte das Waffenhandwerk unter dem römischen Kaisers Diokletian, der Georgs Mut und Klugheit schätzte. Nachdem Georg aber seinen christlichen Glauben bekräftigte und sich für die Christen einsetzte, wurde er festgenommen, gefoltert und 305 als Märtyrer enthauptet. Die Grausamkeit des Martyriums, die vielen bezeugten Wunder während der unzähligen Folterungen und nach seinem Tode machten ihn zum Helden. Seine legendäre Glaubensstärke im Martyrium verbreitete sich im Römischen Reich.
Übersetzt ins Frühchristentum steht der Drache für die Christenverfolgung und der Drachenkampf für das Leiden im Martyrium. Georg stellt sich dem Dämonischen, das der Drache verkörpert, und überwindet es in Hingabe und Vertrauen zu Gott. Die Kraft des legendären Drachentöters beruht auf seinem Glauben, der ihm wie ein Schutzschild ist, das ihm Mut und Kraft verleiht. Die größte Gefahr für das Seelenheil ist nicht, am Dämonischen zu sterben, sondern zuzulassen, dass es den eigenen Charakter vergiftet. Mit seinem Lebenszeugnis gilt Georg Menschen als Glaubenszeuge und Mutmacher in Krisen, um an sich selbst und die Kraft der Liebe zu glauben und sie präsent im Herzen zu bewahren.[2]
Drachen im Christentum
Drachen wurden in mittelalterlichen Heldengeschichten regelrecht modern. Doch sind sie keineswegs Erfindungen des Mittelalters. Der Drache ist eine alte kosmische Naturgewalt. Wie in vielen antiken Religionen und in die griechische Göttermythologie hat das Drachenungeheuer seinen Ursprung darin, dass die Menschen versuchten, angsteinflößende Naturphänomene zu verstehen und zu kontrollieren. Es kam über die antiken Hochkulturen über das Judentum ins Christentum und den Islam. Christliche Drachenmythen sind so als archaische Bilder menschlicher Seelenängste bereits über die jüdische Geschichtsschreibung ins Alte Testament eingeflossen.
Drachenkämpfe haben sich in der Bibel als Akt des Anfangs, als Chaos herrschte, und des Endes entwickelt. Mit der Zuversicht, dass alle unheilvollen Mächte der Welt endgültig besiegt und vernichtet werden. So liegt der weltlichen Georgs-Legende das biblische Motiv des Erzengels Michael zugrunde, der beim Jüngsten Gericht gegen den großen Schlangendrachen kämpft, der Teufel oder Satan heißt und die Welt zum Ego-Denken verführt. Der Drachenkampf umschreibt die Läuterung vor dem Jüngsten Gericht zur Scheidung der Geister, als Mittel, Reue, Versöhnung, Heil und Gerechtigkeit für die Entrechteten zu errichten. Es geht um nicht weniger als um den Sinn des Lebens, die letzten Fragen des Menschen: den Weg zu einem wahrhaftigen Menschen mit Liebe, Mut und Tatkraft zu gehen und sich selbst zu finden.
Die Heldinnenreise der Cleolinda
Die Verletzungen der Menschheit durch ein seit Jahrtausenden patriarchal geprägtes externes kollektives Weltbild wirken bis heute. Die teils unreflektierte Unterwerfung unter autoritäre Moralinstanzen, Überrationalisierung und Abwertung emotionaler Attribute wie Einfühlungsvermögen und Feinfühligkeit gegenüber Ratio und Verstand haben Ihren Preis in der Welt. Sie haben den Menschen von seiner körperlichen, präsent empfindenden Seite entfernt und in ein geistiges Gefängnis des Denkens geführt. Der Zugang des Menschen zu seiner Ganzheit von Körper und Seele wurde gekappt. Der Verstand wird in einseitiger Überhöhung zum Problem, wenn ihm Bewusstheit und die einfühlende Verbindung fehlt. Denn erst im Einklang beider entfaltet sich das menschliche Potenzial des Menschen. Eckhart Tolle radikalisiert den Ego-Verstand gar als gefährlichstes Wesen auf unserem Planeten.
Dort wo Dogmatik das Denken bestimmt, ist die Verbindung zum offenen Herzen gekappt. Und wo das emotional-leibliche Wesen des Menschen versehrt ist, ist seine Ganzheit versehrt. Wo Menschliches aber systematisch unterdrückt wird, verliert der Mensch sich selbst. Die Not entfaltet ein destruktives Schattendasein. Das Bewusstsein dafür führt zur Notwendigkeit der Selbstreflexion der eigenen Kultur und ihrer blinden Flecken.[3]
Patriarchales Weltbild in den monotheistischen Kulturen
Die jüdische Bibel besteht aus zunächst mündlich überlieferten Geschichten die wie alle Menschheitsmythen Auslegungshilfen benötigen. Es geht um Erfahrung zum Bestehen von Lebens- und Glaubenskrisen, nicht selten verarbeiten sie traumatische Erlebnisse der Seele. Für spätere Generationen kann das fatal wirken, wenn in den Heiligen Schriften zur eigenen Aufrichtung das Andere verachtend abwerten und dies kontextunabhängig zum Dogma wird. Zum Überwinden matriarchaler antiker Religionen galt es für den Monotheismus den Machtanspruch des einen Gottes durchzusetzen. So wurden Unterwerfung unter das autoritäre Patriarchat gefordert und alles bekämpft, was nicht in die patriarchale Dogmatik passte. Um ihre antiken Traumata zu verarbeitet, erkoren die Israeliten die traditionellen Fruchtbarkeitskulte zum Feind und Sündenbock.
Bei der jahrhundertelangen Niederschrift der hebräischen Bibel wurden alten Mythen neu gedeutet. Dabei wird v.a. die männliche Herrschaft durch eine patriarchale Ordnung legitimiert. Die Darstellung wie bei Adam und Eva ist v.a. eine Polemik gegen den alten Fruchtbarkeitskult. Die Schlange wird Stimme der Versuchung, sich auf Emotionen und Triebe einzulassen und zum alten Kult zurückzukehren. Der Baum des Lebens, der im alten Kult eine Rolle spielte, wird ohne jegliche Rolle ins Paradies verpflanzt. Ihm wird der Baum der Erkenntnis gegenüber gestellt, um sittliches Bewusstsein über sexuelles Verlangen zu stellen. Das Verbot, von den Früchten zu essen, ist als Ermahnung zum Gehorsam zu „Jahwe allein“ zu verstehen. Eva, die den Mann sexuell verführt und so in sein Unheil stürzt, bringt das patriarchale Weltbild drastisch auf den Punkt.
Matriarchale Lesart der Legende
Die Vernichtung eines verteufelten Drachen ist Ausdruck einer patriarchal-heroischen Gesellschaft. Sie ist in Angst und Widerstand gegen das, was ist, in Sorge und einen Kampf ums Überleben verstrickt. Ergebnis sind Frauenvorbilder wie etwa Cleolinda – engelgleich fromme Frauen. Die junge Frau ist ohnmächtiges Opfer des bösartigen Untiers, bleibt passiv und wartet auf ihren Retter. Alles Böse in der Welt zu vernichten, ist illusorisch. Eine dualistische Denkweise vereinfacht die Welt gefährlich. Sie versöhnt nicht, sie führt den Unfrieden immer weiter fort. Gewalt erzeugt Gegengewalt.
Doch zwischen den Zeilen der Legende lässt sich auch die Geschichte der jungen Cleolinda auf ihrer mutigen Heldinnenreise von der jungen zur gereiften Frau lesen: Sie war dem Menschenopfer für den Drachen geweiht und fand die Befreiung matriarchaler Ressourcen und ihren Weg der Selbstwerdung.
Joseph Campbell hat den psychologischen Weg der Individuation als Heldenreise eingeführt.[4] Die Heldenreise wurde später von diversen Therapeuten systematisch in Selbsterfahrungsprozessen – häufig in 7, 8 oder 12 Etappen – verarbeitet. Ihrem narrativen Schema folgen gängige dramaturgische Entwicklungsgeschichten bis heute – v.a. viele Hollywood-Filme, Songtexte, Bücherplots. Es ist die archetypische Erzählstruktur alter Mythen, die die menschliche Erfahrung von Transformation und Entwicklung des Bewusstseins spiegelt.
Etappen der Heldinnnenreise Cleolindas
1. Herausforderung
Die Stadtmauer stellt eine Schwelle dar, die dem Schutz vor Angreifern von außen dient. Die Bürger können sich zurückziehen und den Feind ausgrenzen. Die Grenzziehung und Trennung gibt nicht nur Schutz. Sie ist zudem identitätsbildend – da die Grenze ein Innen und ein Außen definiert: Wer bzw. was gehört dazu, wer bzw. was nicht. Innen gelten die Regeln der Monarchie. Der Drache kommt immer wieder an die Stadtmauer heran, doch er wird ausgeschlossen. Er brüllt in die Stadt hinein. Und da er seinen giftigen Atem in die Stadt haucht, sterben die Menschen daran. So zeichnen Leid und Tod das Königreich. Den Menschen ist nicht bewusst, dass die Grenzen und Regeln ihnen auch ein Gefängnis sind und ihre Freiheit Illusion ist.
Der grässliche Drache lebt im See, Symbol des tiefen stillen Unbewussten und des verdrängten Unterbewussten. Der aus dem See immer wieder an der Schwelle zur Stadt, zum menschlichen Alltag, auftauchende Drache erschreckt die Menschen und droht sie in seiner Not zu verschlingen. Also wurde beschlossen, Tieropfer an den See zu bringen, um ihn fernzuhalten. Und als es keine Tiere mehr gab, schreckte man auch vor Menschenopfern nicht zurück.[5] Sein Hunger kann kurzfristig abgespeist werden, aber das befriedet ihn auf Dauer nicht. Der Drache kommt immer wieder. Die Menschen verschießen ihr Herz immer mehr, um den Schmerz darüber nicht zu fühlen.
2. Aufbruch
Als das Los Cleolinda trifft, unterwirft sich der König den Regeln. Es geht um das kollektiv herrschende Prinzip und um seine Funktion. In seinem Ego ist er von seiner Empfindsamkeit und Intuition abgeschnitten und handelt nicht als Vater für seine Tochter. Er bietet halbherzig seinen halben Besitz für seine Tochter. Am Ende nimmt er das Los hin. Weder gibt er alles, was er an Mitteln hat, noch steht er seiner Tochter bei. Sie muss ihren Weg nun alleine antreten. Von der Mutter ist keine Rede, das weibliche Prinzip fehlt. Mangels Bemutterung und Trost haben Menschen im Patriarchat nie gelernt, ihrer Feinfühligkeit und ihren intuitiven Instinkten zu vertrauen. So sind sie in ihrer Abhängigkeit und Unbewusstheit gehorsam bereit, sich patriarchalen Bewertungen zu unterwerfen und lassen sich zu Sündenböcken machen. Sie opfern sich selbst.
Cleolinda kehrt sich von der Gesellschaft und ihrer Welt ab und bricht ohnmächtig und alleine auf zum See. Doch weder Selbstaufopferung noch Selbstmitleid helfen aus dem tiefen Minderwertigkeitsgefühl heraus. Sie sucht in der Tiefe der Seele das Heil – nicht mehr im Außen. Und so ist der Beginn ihrer Individuation, ihrer Lernreise. Das bisherige Ich-Konzept muss sterben, damit das Selbst aus den Trümmern auferstehen kann. Wachstum der Seele wird möglich, wenn Überholtes abstirbt. Sie hat ihr kindliches Gefällig-, Artig- und Folgsam-Sein abzulegen. Die Transformation braucht Cleolindas willentliches Zutun. Sie geht nun Ihren Weg, um das Verdunkelte und Verdrängte zu erleuchten.
3. Begegnung mit dem Widerstand & dem Helfer in der Not
Im Moment größter innerer Not fällt Cleolinda eine ihr noch unbekannte Kraft zu. Der junge Ritter Georg trifft auf die Königstochter, als sie in ihrer Todesangst am See vor der Stadt steht. In der Stärke ihrer Gefühle fühlt sie sich selbst in ihrem Schmerz und ihrer Angst. Ihre Tränen, ihr Weinen, lassen sie ihre Lebendigkeit spüren. Sie geht durch die Trauer, stellt sich der Hausforderung und wartet auf den Drachen. Da stellt sich Georg ihr zur Seite und lässt sie ihre Not aussprechen. Er führt sie nun mit seiner Weisheit auf dem Weg zu sich selbst, um sie vom Drachen zu erlösen. Georg als Helfer in der Not repräsentiert als Archetyp der Seele die Stimme der göttlichen Mitte in uns. So wird er die Königstochter führen, immer mehr sie selbst zu sein und ihr heilvolles Potenzial zu leben.
Der Ritter reitet dem Drachen mit der Lanze entgegen. Die Lanze trifft den entscheidenden Punkt und macht ihn dingfest. So kann das Unheil besehen werden. Nun blicken Georg und Cleolinda dem Ungeheuer ins Gesicht, dem verdrängten Schmerz und den verdrängten Verletzungen. Der Drache war so giftig, dass Menschen die Verbindung zu sich selbst kappen. Die Folgen sind Selbstwert- und Beziehungsprobleme. Doch in der Stille des Hier und Jetzt gemeinsam besehen ist der Drache gar nicht mehr so giftig.
4. Loslassen und erste Schritte in die Autonomie
Sie ist zur Außenseiterin der Gesellschaft geworden, ist dem Drachen entgegengetreten und auf einer Abenteuerreise zu sich selbst gelandet. Nun folgt sie inneren matriarchalen Urgesetzen. Wie in alten Mythen hat sie auf der Reise einen Seelenführer an ihrer Seite, der ihr einen stabilen Halt im Hier und Jetzt gibt, um den Drachen sicher besehen zu können. Cleolinda lässt dabei all ihren Schmerz, ihre Angst, ihre Traurigkeit los und nimmt wahr, was im Moment ist. Ihre Seele kennt den Ausweg: Georg bedeutet der Königstochter, den Drachen nun ans Halsband zu nehmen und Ceolinda vertraut. Die Prinzessin geht den Schritt und schafft einen neuen Rahmen: Sie stellt sich dem Drachen damit nicht mehr aufopfernd, sondern auf Augenhöhe. Sie ist entschieden und bereit, sich mit ihm auseinanderzusetzen und ihn zu bändigen.
Cleolinda handelt und gibt sich widerstandslos der Veränderung hin. Dass sie sich auf dem Weg selbst verwandelt, wird erst später offenbar. Sie legt dem Drachen ihren Gürtel um und schafft so ein direktes Band zwischen sich und dem Seeungeheuer. Und der Drache? Der folgt ihr besänftigt auf dem Fuße. In ihrem Tun erfährt sie Autonomie in der Verbindung, Selbstverantwortung und Selbstwert. In der ihr eigenen intuitiven Feinfühligkeit sieht Cleolinda den Drachen und erkennt sein Wesen. Seine Reaktion auf sie zeigt ihr ihre Drachenbändigerkraft, indem sie all den Schmerz und all das Verdrängte, annimmt wie es ist. Der Drache ist Botschafter für Sie, die alten Emotionen und Bedürfnisse wahrzunehmen. Als sie die Botschaft gehört hat, hat der Drache seine Funktion erfüllt.
5. Transformation in sanfter Verbundenheit
Bedürfnisse zu sehen, die im Mangel sind, führt immer mehr zu sich selbst und in den Frieden. Das Leben ist zu leben mit allen Licht- und Schattenseiten. Welche Kraft fließt dem Menschen aus der Entwirrung des Unschönen zu, dessen Auseinandersetzung er vermeiden wollte? Stellt sich der Mensch seiner Verletzlichkeit, legt er sein Ego ab, findet er seine Menschlichkeit wieder. Cleolinda erkennt die Schattenfigur mit all ihrem verdrängten Schmerz, der Preis des Lebens nach dem Willen anderer. Sieht und hört auf ihre tiefen Bedürfnisse. Dann verliert jeder Drache seine Macht. Wenn sie den Drachen in ihr Herz nimmt und würdigt, hat er viel zu sagen über ihre Not und löst sich in Nichts auf. So bändigt Cleolinda den Drachen und fühlt sich hinter dem getrösteten Schmerz selbst in der Tiefe. Sie erkennt, was sie verloren hatte: sich selbst.
Es war die Aufgabe des Drachen, sie an das Heilen ihrer Seele zu erinnern. Die ungestillten und ungetrösteten Bedürfnisse der Seele sind zu besehen, so dass das Selbst wieder befreit wird. Darum scheinen unangenehme Emotionen nur bedrohlich – solange sie nicht angenommen, gefühlt und getröstet werden. In der Umkehr, die den Schmerz ins Leben integriert und auf die heilende Kraft der Liebe vertraut, liegt eine willentliche Entscheidung. Die junge Frau entwächst ihrer infantilen Rolle der gehorsamen Tochter, um eine selbstbewusste Frau zu werden. Im Moment des Erwachens bekommt die Frau Zugang zur männlichen Tatkraft und zur weiblichen Empfindsamkeit und Feinfühligkeit. Sie erfährt einen festeren Stand in sich selbst und einen eigenen Platz im Leben. Der Drache folgt ihr sanft verbunden in die Stadt.
6. Umkehr
Zurück in der Alltagswelt der Stadt entscheidet sich in ihrem gewandelten Sein und Tun alles. Der Drache ist erlöst. Sie ist erlöst. Wo Menschen sich in ihrer Verletzlichkeit zeigen, geschieht Magisches. Der Drache, der auch ein kollektiver Schmerz von Silena ist, kann aus der Tiefe des Sees verschwinden. Durch das Wunder des besänftigten Drachens wollen Georg und Cleolinda den Bewohnern von Silenas ebensolche Erkenntnis bringen. Mit Georgs Zuspruch, keine Angst zu haben, ihrer tiefsten Furcht ins Auge zu sehen, kommt es zur finalen Entscheidung. Die vor Angst aus der Stadt Fliehenden kehren um. Georg gibt dem Drachen den Todesstoß. Das Schwert scheidet die Geister vor den Augen aller Zeugen final. Und die Bewohner lassen sich auf dem Fuße wandeln.
Die Menschen gehen den ersten Schritt der Umkehr. Der Augenblick, der verändert, ist die Trennung der Geister – der Moment der inneren Erkenntnis.,Mauern fallen ein, die den Menschen vor Verletzung schützen sollen, ihn aber von seiner tiefen Menschlichkeit und Selbstverbindung trennen. Im Innersten ergriffen, wandeln sich Mensch und Weltordnung. Das überzeugte Volk am Beginn neuer innerer Freiheit lässt sich feierlich taufen. Auf ihrer Reise sind sie „von neuem geboren worden“. In dem Moment tiefer Entscheidung geschieht ein Wunder – das Wunder der Transformation, ein Bewusstseins-Wandel: die Erlösung des Drachens, der in seiner Hülle zusammenfällt. Die Traumatisierten heilen. Das Wunder der Wandlung geschieht im Innern. Die Menschen erfahren Kraft und Befreiung. Alles Leid und Übel haben nicht das letzte Wort.
7. Lohn & Schatz
Joseph Campbell brachte auf den Punkt: „Der Raum, den du dich fürchtest zu betreten, hortet den Schatz, den du suchst.“ Das eigentliche Wunder ist, wie ein Mensch auf den Weg zu sich selbst findet. Doch zu dieser Transformation braucht das willentliche Zutun des praktischen Tuns des ersten mutigen Schrittes, in dem wir Überholtes hinter uns lassen. Und im Rückblick erkennen wir, dass dies große Momente seelischen Wachstums waren. Schatten zu transformieren und zu integrieren, ist ein langer Weg der Bewusst- und Selbstwerdung. Die christliche Hoffnung, das Unheilvolle mit dem Guten zu besiegen, war zur Zeit Jesu und im frühen Christentum zur Zeit des Heiligen Georgs revolutionär. So machen wir uns verletzlich und werden fähig zum Frieden im Innern. Was der Mensch in Wahrheit sucht, wartet in ihm auf ihn.
Es gibt in der christlichen Legende nicht profane Trophäen zu erringen wie Geld, Macht und Heldenruhm. Sondern es geht um innere Vertiefung: Bewusstsein, Erkenntnis, Erleuchtung. Cleolinda und das ganze Königreich schließen sich dem Glaubenszeugnis Georgs an. Die Legenda aurea spricht von 20.000 getauften Männern, andere Varianten vervielfachen die Zahl, um die Taufe des ganzen Königreiches zu symbolisieren. Das Zum-Glauben-Kommen der Massen ist Zielpunkt der Legende und des kollektiven inneren Geschehens. Dann findet die Legende ein abruptes Ende. So erzeugt sie eine Leerstelle, um den Zuhörer selbst aufzurufen, sich zu entscheiden, aus seinem Inneren heraus zu leben. Der Kontext wird auf die ganze Welt und den Lauf der Geschichte ausgeweitet. Den Schatz, den es zu erringen gilt, ist der eigene innere Weg zu sich selbst.
Das tiefenpsychologische Drama in der Seele des Menschen und im Kollektiv
Beim traumatisierten Volk der Legende geht es auch um uns Zuhörer und Leser in unserem Leben im Hier und Jetzt. Schon viele Einwohner Silenas wurden dem Drachen geopfert – es ist ein Volk in Silena in existenzieller Angst. In einen größeren Kontext gestellt, geht es so um die kollektive Heldenreise der Menschheit in der Auseinandersetzung mit dem bestialischen Potenzial der Welt, in der das Ego regiert. Diese wird durch die Entscheidungen in der Seele des Einzelnen getragen. Um aus dem inneren Gefängnis heraus zu Freiheit und Bewusstheit zu gelangen. Der Drache, den wir auf andere Menschen projizieren, steckt in uns selbst. Er muss in uns erkannt, angenommen und sanft gebändigt werden. So erst werden wir zu Vergebung, Versöhnung und Frieden fähig. Der Weg der Transformation fordert die ganze Person.
Tiefenpsychologisch ist der Drachenkampf Ausdruck des Seelendramas: dem Auseinandersetzen des Menschen mit seinen existenziellen, noch nicht integrierten Ängsten und Traumata. Diesen alten unbewussten Muster muss er sich auf dem Weg zu sich selbst stellen. Die tiefenpsychologische Auslegung fasst Georg, Cleolinda und den Drachen als Seelenanteile einer Person auf, Licht- und Schattenanteile, die in ihrer Gegenpoligkeit Spannung und Lebensenergie schaffen. Im Drachen sieht C. G. Jung das Archetyp verdrängter Anteile, die nicht gefühlt werden wollten. So werden sie wie Engel als Boten des Selbst und Vermittler zwischen dem Bewusstsein und des Unbewussten. Das Verdrängte und Komentsierte will angenommen, transformiert und ins Bewusstsein integriert werden. Dazu hilft nur ein mitfühlendes zartes Band der inneren Beziehung wie eine Nabelschnur zu knüpfen.[6]
Kollektiver Drache der deutschen Nachkriegsgeschichte
Das vom Drachen beherrschte Land ist Symbol jeder inhumaner Diktatur, Unterdrückung und Gewalt. Schnell gewöhnt sich das Volk an die Herrschaft des Drachen und zahlt ihm den geforderten Tribut. Die Schrecken der beiden Weltkriege und der vielen Folgewirkungen sind die kollektiven und individuellen Drachen Deutschlands im 20. Jahrhundert. Besonders abgründig und gnadenlos zeigte sich das NS-System in der Verfolgung, Demütigung und Vernichtung von Nonkonformisten. Die Spitze der Bestialität zeigte es in den KZs. Das überlebende Volk war tief traumatisiert und erlebte den völligen Zusammenbruch ihrer äußeren und inneren Welt. Die Menschen waren orientierungslos, in Armut, Hunger, Sorge ums Nötigste. Und gequält von der Frage: Wie konnte es zu einer solchen humanitären Katastrophe kommen, zur Entfesselung roher Aggressionen von Ungeheuern aus der Tiefe des Menschen.
Harry Stein beschreibt die brutale Realität des Konzentrationslagers, das die Tiefe des bestialischen Potenzials vom Menschen zum Ausdruck bringt, mit den Worten: „Die SS schuf ein System, in dem es gefährlich war, sich dem Nächsten zuzuwenden. Ein System, das den Menschen als soziales Wesen auslöschen sollte: seine Vorstellungen vom Zusammenleben zerstören, seine Mitmenschlichkeit austrocknen, seine Solidarität ersticken… Der Anspruch, zur Gattung Mensch zu gehören…, wurde dort infrage gestellt, wo die SS die menschliche Existenz als solche infrage stellte.“ Und Bruno Apitz beschreibt die von Menschen exekutierte Hölle auf Erden im KZ Buchenwald in ihrer Bestialität schlicht: „Uns Überlebenden, die wir aus der Hölle, die mit Welt und Menschen nichts mehr zu tun hatte, zurückgekehrt sind, ist dieser Name ein Symbol des Grauens, der Inbegriff aller menschlichen Grausamkeit“.
Verdrängte Traumata schaffen transgenerationale Traumata
Traumata geschehen. Trauma wird die im Körper und Nervensystem erstarrte Energie genannt, die in einer überwältigenden Situation mobilisiert wurde und nicht bewältigt werden konnte. Traumata haben viele Ursachen. Werden sie, da sie für Tabu erklärt sind, abgespalten, wirken sie im System unbewusst in die nächsten Generationen fort. Kinder mit traumatisierten Bezugspersonen sind mangels Co-Regulation für Retraumata anfällig. Sie brauchen stabilen Halt im Hier und Jetzt von anderer Seite, um Verbindung halten zu können und den Kreislauf zu unterbrechen. Mussten sie Wege finden, mit ihren Schmerzen selbst umzugehen ohne sie durchleben zu können, spalten sie Emotionen und Körperempfindungen ab. Um Nähe zu erhalten. Daher sind sie oft Meister der Rationalisierung oder Anpassung an Erwartungen anderer bis zur völligen Aufopferung ihres Selbstwertes.
Verdrängen – Dissoziierung oder Spaltung – hilft nur kurzfristig, um emotional zu überleben. Doch die Gefühle existieren weiter, außerhalb der bewussten Wahrnehmung. Fortan muss viel Energie verwendet werden, um die Verletzung des kindlichen Selbstwertes auszublenden. Allein der Körper speichert die Erfahrung und reagiert noch als Erwachsener emotional auf Auslöser, die die Erinnerungen berühren. Ihm sind dann seine irrationalen Verhalten unerklärlich. Scham oder Verachtung, Wut oder Trauer sind immer wieder Weckrufe, sich um innere Verletzungen zu kümmern. Es gibt keinen anderen Ausweg zur Heilung des verletzten Selbstwerts, als das Unterdrückte früher oder später anzusehen. Jeder Mensch muss Mitgefühl erst für sich selbst erleben und entwickeln, um es auch für andere entwickeln zu können.[7] Es ist der lange Weg zur Friedensfähigkeit des Menschen und der Menschheit.
Die Legende vom Drachentöter ist für die sanfte Trauma-Arbeit prädestiniert
Im Drachen überlagern sich verdrängte individuelle und kollektive Schatten. Die Konzentrationslager im Dritten Reiches in Deutschland mit generationenlangen Folgen etwa zeigen, welch bestialische Gewaltpotenzial der Mensch zur gegenseitigen Verletzung in sich trägt. Entwürdigung, die nicht betrauert wurde, wiederholt sich durch unbewusst Verhalten. Was bleibt ist die Angst vor Kritik und weiterer Demütigung, ein Gefühl von Verachtung und Scham. Der Mensch verhält sich demütigend, obwohl er nichts mehr als das vermeiden will. Womöglich weist der hohe Anteil psychischer Krankheitsbilder in der Z-Generation als 4. Generation noch heute auf Langzeitfolgen emotionaler Verlorenheit der Nachkriegsgeneration und die transgenerationale Weitergabe der Traumafolgen hin? [8]
C. G. Jung hat das kollektive Unbewusste als Begriff geschaffen: Der Mensch ist untrennbarer Teil kollektiver Systeme mit individuellem Bewusstsein, aber verbundenem Nervensystem und ist so in ein höheres Ganzes mit hinein genommen. Damit das Kollektiv der Menschheit gegenüber dem Unheilvollen besteht, braucht es Beziehung, das offene Herz und Füreinander. Gerade wenn es um die Traumatisierung eines ganzen Volkes geht. Verdrängen und ins Unterbewusste ausgrenzen ist eine intelligente Überlebens- bzw. Kompensationsstrategie unseres Organismus, die das Weiterfunktionieren ermöglicht. Doch ist sie auf Dauer ein hoch energieverzehrender Prozess. So dass der Mensch früher oder später, wenn die Kraft nachlässt, immer wieder damit konfrontiert wird. Dem Verdrängten kann auch ein Volk als Ganzes nicht entgehen.
Der Kampf mit dem Drachen findet in unserem Herzen statt
Der Drache steckt in jedem Einzelnen: als verdrängte psychische Schmerzen, die als destruktive Kräfte im Unbewussten weiterwirken, auch wenn wir schon lange nicht mehr von ihren Auslösern wissen und sie gerne auf andere projizieren. Der Drache bleibt auf Dauer toxisch, solange er ein abgespaltenes Schattendasein fristet. Wenn der Mensch seine belastenden Gefühle annimmt und durchlebt, wie sie sind, ist das zunächst schrecklich. Doch nach und nach können sie in der Aufarbeitung beginnen, sich zu besänftigen und aufzulösen. Der Prozess geht in die Tiefe und braucht Zeit. Gelingt es uns, die Emotion zu halten wie sie ist und ihre Geschichte zu besehen, kann Heilung irgendwo auf dem Weg mit der Kraft der Selbstregeneration des Systems geschehen. Heilung und das Wiederfinden seiner vitalen Energie und innerer Frieden nach der Erlösung vom Trauma ist ein Wunder des Lebens.
Die Geschichte des Drachenkampfes hinter dem 1. Wortsinn vermittelt Zuversicht, Lebenskraft und enorme Resilienz, die hilft, trotz des sinnlosen Leids in der Welt zu leben und zu heilen. Freier Wille, Entscheidung und Verantwortung gehören zum Wesen des Menschen: er selbst kann ein Fluch oder Segen für die Welt sein. In seiner Freiheit ist er versucht, Schmerz zu vermeiden und dem eigenen Ego folgen. Es braucht den festen Willen des Menschen zu radikalem Frieden, um zu heilen. Und starke Waffen, um sich und die Welt zu schützen. Keine herkömmlichen Waffen, die noch nie die Spirale der Gewalt beendet haben – es braucht transzendente Waffen für wehrhafte Friedensstifter. Die vernichten und verletzten nicht, sie integrieren. Der Kampf ist konsequente Entschiedenheit zum Frieden. Die gehört zu den radikalen Lebenszeugnissen Jesus und darf in der christlichen Legende gelesen werden.
Innerseelisches Geschehen
Legenden sind wie die alten Menschheitsmythen auf der 2., der geistigen Wirklichkeitsebene zu lesen. Sie beinhalten Sprachbilder, die als Symbol für innerseelische Vorgänge stehen. So gelesen, ist die Erlösung des Drachens ein innerer Bewusstseins- und Entscheidungsakt. Es geht um seelische Entwicklung, um das Lassen von der Angst, um Vertrauen in das Leben, um Glaube und eine gewaltfreie Haltung. Es ist eine völlig andere Geschichte als die auf der wortwörtlichen 1. Sinnebene: Menschliches Leben ist an Leib und Seele so verletzlich. Im Annehmen und Durchleben tiefsten Schmerz kann eine neue Erfahrung entstehen. Wunderhaftes, das von innen wandelt. Der Mensch legt ein Stück Ego ab, um aufzustehen. Der Weg gleicht einer Heldenreise zu sich selbst, seinem fühlenden Herzen. Und es ist zugleich der Weg, Frieden in den Völkern der Welt zu schaffen.
Die Drachen haben ein anerkennenswertes Anliegen für das sie sich mit all ihrer Kraft einsetzen. Der Drache weist unermüdlich auf verdrängte Nöte, alte, nicht verarbeitete Gefühle, die aus dem Unterbewussten immer wieder den Menschen heimsuchen und quälen. Sie sind nur zu erlösen, wenn sie – präsent im Hier und jetzt – ins Leben integriert werden. Sie haben wichtige Botschaften, denn sie machen auf tiefe Sehnsüchte und unerfüllten Bedürfnisse des Herzens aufmerksam, um unser menschliches Potenzial zu entfalten.
Unser heilvolles Potenzial – Friedensfähigkeit ist eine Entscheidung des Einzelnen
Reflexion braucht das eigene Durchleben persönlicher Erfahrungen (beobachtendes Gewahrsein), um zu Erkenntnis zu führen. Die Kraft des festen Stands und die Treue zu sich selbst gibt das Selbstvertrauen, der inneren Stimme zu folgen. Dem Mut, autonom (aber nicht getrennt, sondern verbunden im System) von innen her zu fühlen. Für diesen Weg der Individuation braucht die traumatisierte Gesellschaft, die Wiedererinnerung an ihre matriarchale intuitive Empfindsamkeit und innere Weisheit. Der Mensch darf dem Takt seines Herzens folgen, achtsam zu seinem Körper und seinen emotionalen Zuständen sein, Schmerz besehen und ins Herz nehmen. Immer mehr das Selbst leben und mit seiner Geschichte seinen Platz und Sinn in der Welt zu finden.
Wer sich der Bedürfnisse seiner Seele und seinem Selbstwert bewusst wird, findet die Verbindung mit sich selbst. Der kann immer sanfter mit sich und seinen Grenzen umgehen und aus offenem Herzen heraus im Füreinander von sich selbst lassen. Menschengeschöpfe können kulturelle Mythologien der Trennung und Abwertung überwinden und zu einer Kultur der Integration und des Füreinander finden. Uns Menschen macht das menschlich und friedensfähig. Frieden und Gewaltfreiheit – statt Trennung und Verurteilung – werden zum Weg der Hoffnung:[9] Ein Einzelner allein kann wohl noch keinen Weltfrieden stiften. Aber alles, was ein Mensch in sich selbst in Frieden bringt, schafft mehr Frieden auf der Welt.