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Roger Bannister Effekt: Weltrekord 1 Meile unter 4 Minuten

von Sep 2, 2019Impulsgeschichten

Wie Roger Bannister als Erster den Weltrekord lief: 1 Meile, etwas über 1,6 km, unter 4 Minuten. Heute steht der Roger Bannister Effekt dafür, wie ein Mensch mit mentalem Training, unbedingtem Fokus und festem Glauben an das Erreichen seiner Ziele seine Träume leben kann…

Roger Bannister und der Glaube an die Möglichkeit des Unmöglichen

Bis 1954 galt es in der Sportwelt als unmöglich, eine Meile (englische Meile = 1.609,344 m = 1.000 Doppelschritte) in einer Zeit unter vier Minuten zu laufen. Viele Sportler hatten versucht die Grenze zu überwinden und waren gescheitert. Der Glaube an die Unverrückbarkeit dieser Marke ging soweit, dass er Stoff für Legenden gab. Mediziner nahmen an, dass ein Mensch unter dem Druck kollabieren müsse, würde er diese Schallmauer durchbrechen.

Roger Bannister (1929-2018) aber glaubte daran, das Unmögliche zu schaffen. Und er bereitete sich fokussiert vor. Das körperliche Technik Training absolvierte er konsequent Schritt für Schritt, aber ohne den Trainingsplan zu überfrachten. Mehr Zeit noch verwendete er darauf, nach innen zu gehen und sich in einer Art von Selbsthypnose mental auf den Lauf vorzubereiten. So briefte er sein Unterbewusstsein, um die Gedanken und imaginierten Körperwahrnehmungen zu absorbieren. Gehirn und Körper unterscheiden nicht zwischen Bildern und erlebter Realität. Er lief die Strecke im Geist immer und immer wieder unter 4 Minuten. Am Ende sagte er: „Ich habe mich mental sehr sorgfältig und konzentriert vorbereitet.“

6.5.1954 – Der große Tag des Roger Bannister

Dann, als der Lauf begann, ging Roger Bannister in die Haltung “jetzt oder nie” und ließ alle Gedanken los. Er fokussierte sich ganz auf das Hier und Jetzt: „Mir war klar, dass ich sonst Gefahr laufen würde, jener geistigen Reaktion zu verfallen, die unter Sportlern so weit verbreitet ist. Nämlich, dass es immer ein nächstes Mal gibt und es einfach noch nicht der richtige Tag  ist.“ Im Laufen richtete er den Fokus nach innen und ließ es geschehen. Je mehr er losließ, desto mehr kooperierten seine bewussten und unbewussten Kompetenzen. Und das Wunderbare geschah: Roger Bannister schaffte er am 6. Mai 1954, was keiner je für möglich gehalten hatte. Auf der Leichtathletikbahn der University of Oxford lief Roger Bannister den Weltrekord – die Meile in 3:59,4 Minuten (Aufzeichnung des historischen Laufs). Unter 4 Minuten! Neue Weltrekordzeit!

Er kam in den Flow seines Lebens: Von Runde zu Runde wirkten die Bewegungsabläufe fließender, geschmeidiger, als ob er sich nicht mehr selbst bewegen würde. Als ob das Laufen ganz von alleine geschieht und unbewusste Automatismen ihn zum Ziel steuerten. Er ließ sich davon erfassen, lief an die Erschöpfungsgrenze – bis ins Ziel. Und dabei erlebte er diesen magischen Augenblick des völligen Verschmelzens mit dem Sein. Er war nur noch die Bewegung. Die historische Aufnahme zeigt uns, wie die unwillkürlichen Abläufe mit den bewussten Zielen optimal zusammen agierten. Das Ergebnis ist diese extreme Effektivität und das Erleben reinen Glücks. Flow, es geschieht wie von alleine. Die körperlichen und seelischen Prozesse sind in völlig harmonischem Einklang.

Der Roger Bannister Effekt

Spannend ist auch, dass er den Weltrekord gerade einmal bis zum 21.6.1954 hielt. Dann lief John Landy die Meile in 3:57,9 Minuten. Und nicht nur er. Weitere Sportler sollten 1954/ 1955 die magische Marke von vier Minuten hinter sich lassen. Da man kaum von einer plötzlichen körperlichen Mutation der Läufer ausgehen kann, muss diese Tatsache auf einen anderen Effekt zurückgehen. Der nennt sich heute Roger Bannister Effekt: Mit der neuen Bestmarke änderte sich – jenseits aller Überlegungen zu morphogenetischen Feldern – auf dem Fuße der Glaube und die Überzeugung der Läufer. Bannister hatte eben nicht nur die magische Marke durchbrochen, sondern auch die damit verbunden gedanklichen Grenzen der Läufer. Die medizinische Hypothese, es sei körperlich unmöglich, wurde als Aberglaube und Irrtum entlarvt.

Bannister hatte – mit einer gehörigen Portion Mut, Selbstvertrauen und Hartnäckigkeit – den Zweiflern zum Trotz ein neues Bild des Möglichen geschaffen, das es bis dahin in der Vorstellung der Laufwelt nicht gab: Das Bild eines Menschen, der die Meile unter vier Minuten läuft. Und damit wurde das bis dahin Unmöglich geglaubte nicht nur für ihn selbst, sondern auch für andere möglich. Bis heute. Der Weltrekord über die Meile wurde am 7.7.1999 vom Ausnahmeathleten (vielfacher Olympiasieger und Weltmeister) Hicham El Guerrouj aus Marokko auf 3:43,19 Minuten deutlich weiter reduziert. Das sind 100 Meter im Durchschnitt in unter 14 Sekunden (!).[*]

Willentliche und unwillkürliche Prozesse in völligem Einklang

Wie schaffen wir es nun aber – auch über den Sport hinaus -, dass bewusste mentale und unbewusste emotionale Prozesse symbiotisch für uns zusammenarbeiten? Dass wir unsere Aufmerksamkeit völlig auf ein Ziel hin ausrichten, dann in einen Tunnel des Alpha-Wellen Zustandes treten und alles andere um uns herum ausblenden? Dann nämlich sind wir in einem Zustand des Bewusstseins, indem unbewusst emotionale und mentale Prozesse in völligem Einklang miteinander wirken.

Zum Mentaltraining hat Eberspächer acht Bausteine mentaler Kompetenz herausgearbeitet, die nicht nur Spitzensportlern weiterhelfen. Im Alltag das kleine Glück, den Flow, lässt uns über uns selbst hinaus wachsen und unser ganzes Potenzial leben. Warum nicht diesem Wegweiser durch unser Leben folgen? Rationales, bewusstes Denken gibt auf sprachlicher Ebene Impulse an das Unterbewusstsein. Diese können dort Wiederhall finden und auf Ebene der Bildsprache weit mächtigere Prozesse als nur den bewussten Willen induzieren. Der Kopf differenziert nicht, ob wir das wirklich erlebt haben oder ob wir uns nur intensiv in innere Bilder einfühlen. „Fake it until you make it“ ist daher – zumindest für den inneren Dialog und zur Imagination klarer Ziele – durchaus weise…

[*] Danke an Rainer Reiter für diese Recherche.