Mitgefühl in Alltag und Forschung. Trainingsprogramme, Stand der Wissenschaft und Erfahrungen der Praxis. EBook Max Planck Society, München.
Der Bewusstseinswandel hin zu empathischer Führung von sich selbst, anderen und Organisationen als Ganzes, ist uns ein Anliegen. Diesmal können wir Ihnen zu dem Thema ein interessantes Online-Buch vorstellen. Es ist das Ergebnis des Workshops „How to train Compassion“, der im Juli 2011 im Studio des Künstlers Olafur Eliasson in Berlin stattfand. Organisiert wurde der Workshop von der Abteilung Soziale Neurowissenschaft des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften von Prof. Dr. Tania Singer. Forscher, Psychotherapeuten, buddhistische Mönche und Künstler kamen zusammen, um Mitgefühlstraining in all seiner Relevanz für die heutige Zeit und in verschiedensten Bereichen zu diskutieren. Am Ende des Workshops entwickelte sich der Wunsch der Beteiligten, das Zusammengetragene für die Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Über diesen Link können Sie daher das entstandene eBook kostenfrei erhalten.
Das Buch beschreibt Mitgefühlspraktiken aus diversen Perspektiven. Neben Erfahrungen in Schulen, in der Psychotherapie oder im Coaching gibt es auch ein Kapitel zu Erfahrungen in der Sterbebegleitung („Beeing with Dying“ vgl. S. 112). Auch enthält es einen Abschnitt zu Mitgefühl im Klinischen Umfeld („Mitgefühl im Klinischen Umfeld verstehen und kultivieren“ vgl. S. 219). Es werden zugrunde liegende Theorien u.a. aus dem Buddhismus, der Psychologie oder aus evolutionärer Sicht vorgestellt. Die neuesten Forschungsergebnisse und Trainingsprogramme von Mitgefühl werden präsentiert. Das eBook beinhaltet nicht nur diverse von den Teilnehmern geschriebene Kapitel, sondern auch zahlreiche Videos der Autoren, Sound Collagen von Nathalie Singer und künstlerische Fotos von Olafur Eliasson und bietet somit ein lebendiges Lese- und Hörerlebnis.
Lässt sich Mitgefühl trainieren?
Eine Grundthese des 1. Kapitels zu den Erfahrungen mit Mitgefühlstrainings ist, dass Mitgefühl – in unserem Verständnis synonym für Empathie – fast für jeden mehr oder weniger trainierbar ist. Dabei geht es weniger um die Schulung von etwas Neuem. Viel mehr soll bereits in uns Vorhandenes wieder entdeckt werden. Um sich dann mit sich und anderen zu verbinden. Zudem werden Werkzeuge für praktiziertes Mitgefühl vorgestellt.
Das 2. Kapitel befasst sich mit Konzepten von Mitgefühl. Ein Unterkapitel handelt z.B. von der Buddhistischen Perspektive auf Mitgefühl als der Weg zur Freiheit von Leid (alles ist mit allem verbunden). Interessant ist auch das Kapitel über Mitgefühl im Klinischen Alltag und die Auseinandersetzung mit der in der westlichen Welt geprägten Kultur, Heilung ohne Zuwendung anzubieten. Dieses Unterkapitel stellt drei Perspektiven bezüglich Mitgefühl vor, die Ärzte laut der Autorin in der Ausbildung in mitfühlender Sterbebegleitung vermittelt werden können. Dabei werden zunächst verschiedene Arten des Mitgefühls beleuchtet, die für Ärzte und andere Berufsgruppen im klinischen Umfeld relevant sind.
Der 3. Teil des Buches widmet sich der wissenschaftlichen Perspektive auf Mitgefühl. Hierbei geht es u.a. um die Kunst des Selbstmitgefühls, das sich im inneren Dialog ausdrückt und auf Achtsamkeit basiert sowie die Wahrnehmung der eigenen Grenzen und Bedürfnisse. Es wird aufgezeigt, wie positive Emotionen die seelische Gesundheit stärken und Mitgefühl als emotional motivierende Kraft.
Das 4. Kapitel schließt die Betrachtung mit konkreten Trainingsprogrammen für Mitgefühl und einem Appell: statt zu helfen und zu reparieren, gilt es, zu dienen und das Leben als Ganzes zu betrachten.
Tania Singer, Matthias Bloz (Hrsg.): Mitgefühl in Alltag und Forschung, eBook Max Planck Society, München. 1. Ausgabe 2013.