Welche Formate bieten sich zur Großgruppen Moderation einer Strategieklausur an? Wie unterscheiden sich die Klassiker der Formate – World Cafe, Open Space, Fishbowl und Zukunftswerkstatt voneinander?
Strategieklausur als Großgruppenmoderation
Strategieklausuren finden oft nur mit der oberen Führung statt. Soll die betroffene Basis die Strategie bzw. die Konzeption von Veränderungen in einer Großgruppe mit erarbeiten, bieten sich verschiedene Formate der Moderation an. Dazu zählen das World Cafe, der Open Space, Fishbowl, die Zukunftswerkstatt u.a. Der Vorteil des Arbeitens in Großgruppen sind die direkte Einbindung der Betroffenen, der direkte bidirektionale Austausch von Information und Wissen.
Bei mehr als 25 Personen ist es mit klassischen Formaten von Workshops und Trainings kaum möglich, dass sich alle Teilnehmer aktiv einbringen. Dann sind Formate für Großgruppen gefragt, bei denen der Zahl der Teilnehmer keine Grenze gesetzt ist. Solange sich die Teilnehmer gerne in einen gemeinsamen kreativen Prozess einbringen. Um die gemeinsame Zeit produktiv zu nutzen, sind genaue Planung und Vorbereitung und der passende Zuschnitt des Formates nötig. Der räumliche und infrastrukturelle Zuschnitt ist nicht dem Zufall zu überlassen. Ferner ist ein Moderatorenteam entlang eines gemeinsamen Drehbuches und von Leitfäden eng aufeinander abzustimmen. Alles ist auf das Ziel der Veranstaltung hin zu orientieren. Die Passung der Methoden ist fortlaufend von einer interne Lenkungsgruppe zu validieren.
Klassische Formate der Moderation von Großgruppen
World Cafe
Das World Cafe geht auf Juanita Brown und David Isaacs zurück, die es erstmals 1995 eingesetzt haben. Ziel ist es, Ideen, Wissen, Meinungen auszutauschen ohne sogleich Ergebnisse zu konsentieren. An runden Tischen finden 4-6 Personen Platz. Ein fester Gastgeber betreut jeden Tisch. Auf den Tischen sind beschreibbare Tischtücher und Stifte zum Festhalten der Gedanken. Die Tischtücher sind in 3 Zonen unterteilt. So werden in 3 Runden 3 aufbauende Fragen diskutiert, z. B.
- Wie stellen wir uns unser Unternehmen im Jahr 20xx vor?
- Welche Veränderungen haben wir bis dahin erfolgreich gestaltet?
- Welche ersten Schritte haben wir dafür im laufenden Jahr eingeleitet?
Die Gruppe tauscht sich 5-20 Minuten zu einer Frage aus. Dann wechseln die Teilnehmer an andere Tische und mischen sich zu neuen Gruppen. Nur der Gastgeber bleibt an seinem Tisch. Die Themen und Fragen an den verschiedenen Tischen sind z.T. gleich, z.T. unterschiedlich. Der Gastgeber stellt die Verknüpfung der Gruppen je Tisch in den 3 Runden sicher. Er leitet die Gruppe und übermittelt ihr die Erkenntnisse und Entdeckungen aus den vorigen Runden. Am Ende kommen alle im Plenum zusammen. Dort sind die Tischdecken an Metaplanwänden o.ä. ausgestellt und werden von den Gastgebern vorgestellt .
Formate Marktplatz und Open Space
Open Space entstammt der Idee von Harrison Owen. Im Plenum bringen Teilnehmer während der Marktplatzphase Themen ein. Sie sollen dringend, wichtig, komplex sein. Finden sich andere Interessenten für das Thema, wird dem Thema Raum und Zeit für eine Diskussion in einer Kleingruppe eingeräumt. Jeder soll sich in die Gruppe einbringen, wo er den größten Beitrag leisten kann. Jeder hat die Freiheit, wann immer er es für richtig hält, die Gruppe zu wechseln. Manche Teilnehmer wechseln häufig, manche selten. Der Themenverantwortliche betreut sein Thema die ganze Zeit. Am Ende stellt er wichtige Ergebnisse im Plenum vor.
Fishbowl Großgruppen Diskussion
Das Fishbowl Format ist eine Plenumsdiskussion, in der sich punktuell alle nach bestimmten Spielregeln aktiv an der Diskussion beteiligen können. Der Moderator achtet strikt auf die Einhaltung der Spielregeln. Zunächst beginnt die Diskussion mit einer initialen Runde mit 3-5 Personen im Innenkreis, die profilierte Thesen zur Diskussion vertreten. Jeder aus dem Publikum im Außenkreis, der dann etwas in die Diskussion einbringen möchte, setzt sich auf einen freien Stuhl in der inneren Runde. Dafür verlässt ein Partner den Innenkreis, der das Gefühl hat, momentan wenig zu Diskussion beizutragen.
Formate der Zukunftswerkstatt
Das Verfahren der Zukunftswerkstatt wurde in den 1960er Jahren von Robert Jungk, Rüdiger Lutz und Norbert R. Müllert geprägt. Ziel ist beim Erkunden von Lösungen Menschen basisdemokratisch zu beteiligen. Wegen ihrer einfachen Struktur ist die Zukunftswerkstatt mit wenig Aufwand einsetzbar. Zumindest wenn es darum geht, sich ausgehend von der Ist-Analyse in einer mehrtägigen Veranstaltung über die erstrebte Zukunft klar zu werden. Der Prozess mobilisiert Energie für die Veränderung. Die Ergebnisse hängen von der freigesetzten Kreativität der Gruppe ab. Betroffene sind Experten ihrer Lösung. Bislang von ihnen nicht Gesehenes, Verdrängtes oder Verschüttetes bekommt Raum. Die Zukunftswerkstatt gliedert sich für den Prozess konkret in drei Phasen.
1. Phase der kritischen Bestandsaufnahme (Kritikphase)
In der Kritikphase werden die Themen multiperspektivisch beleuchtet. Kritik und Probleme werden gesammelt, wobei verschiedene Techniken herangezogen werden, sortiert und nach Wichtigkeit priorisiert. Zur weiteren Vertiefung der Analyse werden dann autonom arbeitende Gruppen mit je einem Moderator gebildet, die ihre Ergebnisse am Ende im Plenum vorstellen. Die Kritikphase erleben die Teilnehmer oft als Befreiung, Kritik loszuwerden, aber auch als depressiven Tiefpunkt, an dem das Ausmaß der Probleme bewusst vor Augen geführt wird. Die Konfrontation mit den Schmerzpunkten verstärkt den Wunsch nach einem Wechsel der Perspektiven und den Wandel.
2. Phase der phanasievollen Zukunftsvision (Utopiephase)
Nach der Bestandsaufnahme werden nun Zukunftsvisionen erarbeitet. Hier werden mit Kreativitätsverfahren Phantasien und Visionen der Teilnehmer freigesetzt. In einer Zeitreise stellen sich die Teilnehmer z.B. vor, im Jahre 20xx habe sich alles nach ihren Wünschen verändert. Durch Brainstorming, Visionen und Tagträume wird neues Denken geöffnet. Jenseits der Probleme und losgelöst von der Trendfortschreibung der Vergangenheit. In der Phase empfinden die Teilnehmer häufig Euphorie als Reaktion auf die Befreiung von eingefahrenen Denkmustern. Da die Zukunft von den kollektiven Erwartungen und Vorstellungen über sie geprägt ist, schafft ein Bewusstseinswandel auch einen Wandel im außen. Das stärkt die Gruppe und gibt ihr Antrieb, da Teilnehmer entdecken, welche Bedürfnisse sie miteinander verbinden.
3. Phase der Umsetzung
Ziel der dritten Phase ist nun, die Visionen in gut durchsetzbare Ansätze zu übersetzen. Nach Einigung auf konkrete Projekte bilden neue Gruppen einen Umsetzungsplan für ihr ausgewähltes Projekt . Dabei legen sie Maßnahmen, Meilensteine und Verantwortlichkeiten von der Zukunftsvision zurück bis in die Gegenwart fest. Hier helfen Methoden und Hilfsmittel des Projektmanagements. Die Gruppenmoderatoren decken dabei die Veränderungsbereitschaft der Teilnehmer selbst auf. So kommen engagierte Gruppen direkt in ein konkretes Tun. Anderen kann als paradoxe Intervention aufgezeigt werden, wie sie selbst dazu beitragen, den beklagten Zustand zu erhalten. Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt werden im Plenum zusammengefasst und als Protokoll allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt. Überprüfungstermine halten die Umsetzung nach.
Grenzen der Großgruppenarbeit
Je nach Konfliktlage sind Großgruppen Formate für eine Strategieklausur nicht immer zielführend. Je nach Brisanz und strategischer Relevanz schwieriger Themen bietet sich andere Formate an. Etwa in einem Kaskadenmodell zuerst im inneren Führungskreis ein Commitment der oberen Leitung in einer Reihe von Klausurtagungen zur Standort- und Zielabstimmung zu erarbeiten und dann die nächsten Schritte zu gehen.