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Lerneinheit Strategieklausur III – Von Großgruppenformate

von Mrz 30, 2012Blogs

Welche Möglichkeit bieten sich an, Hierarchie übergreifend die Strategieklausur als Großgruppenmoderation zu gestalten? Wie unterscheiden sich die Klassiker unter den Formaten – World Cafe, Open Space, Fishbowl und Zukunftswerkstatt?

Strategieklausur als Großgruppenmoderation

Strategieklausuren werden oft nur mit der oberen Führung durchgeführt. Soll die Strategie bzw. die Konzeption von Veränderungen mit der betroffenen Basis zusammen erarbeitet werden, bieten sich verschiedene Formate der Großgruppenmoderation an. Dazu zählen das World Cafe, der Open Space, Fishbowl, die Zukunftswerkstatt u. a. Der Vorteil des Arbeitens in Großgruppen sind die direkte Einbindung der Betroffenen, der direkte Informations- und Wissensaustausch.

Bei mehr als 25 Personen ist es mit klassischen Formaten von Workshops und Trainings kaum mehr sinnvoll möglich, dass sich alle Teilnehmer aktiv einbringen. Dann sind Formate für Großgruppen gefragt, bei denen der Zahl der Teilnehmer nach oben keine Grenze gesetzt ist. So können ganze Organisationen einbezogen und Selbstorganisation und Agilität gefördert werden. Voraussetzung ist, dass die Teilnehmer gerne und freiwillig teilnehmen und sich aktiv einbringen. Im Vordergrund steht der gemeinsame kreative Prozess.

Damit die gemeinsame Zeit produktiv genutzt wird, sind eine intensive Planung und Vorbereitung und der passende Zuschnitt des Formates notwendig. Der räumliche und infrastrukturelle Zuschnitt ist nicht dem Zufall zu überlassen. Ferner ist ein Moderatorenteam entlang eines gemeinsamen Drehbuches und von Leitfäden eng aufeinander abzustimmen. Alles muss auf das gemeinsame Ziel der Veranstaltung hin orientiert sein. Eine interne Lenkungsgruppe prüft, die Passung der Methoden und Verfahren für die Teilgruppen.

Die klassischen Formate für die Großgruppenmoderation werden im Folgenden kurz vorgestellt.

World Cafe

Die Methode des World Cafe wurde zuerst 1995 von Juanita Brown und David Isaacs eingesetzt. Ziel ist es Ideen, Wissen oder Meinungen zielgerichtet auszutauschen ohne gleich gemeinsame Ergebnisse zu erarbeiten. An runden Tischen finden 4-6 Personen Platz. An jeden Tisch wird ein fester Gastgeber platziert. Auf den Tischen sind beschreibbare Tischtücher und Stifte, so dass die Beteiligten ihre Gedanken direkt niederschreiben können. Die Tischtücher sind in 3 Zonen unterteilt. So können in 3 Runden 3 aufeinander aufbauende Fragen diskutiert werden, z. B.

  • Wie stellen wir uns unser Unternehmen im Jahr 20xx vor?
  • Welche Veränderungen haben wir bis dahin erfolgreich gestaltet?
  • Welche ersten Schritte haben wir dafür im laufenden Jahr eingeleitet?

Die Gruppe tauscht sich 5-20 Minuten zu einer Frage aus. Dann wechseln die Teilnehmer an andere Tische und mischen sich zu neuen Gruppen. Die Themen und Fragen an den verschiedenen Tischen sind z. T. gleich, z. T. unterschiedlich. Nur der Gastgeber bleibt beim Wechsel am Tisch. Der Gastgeber stellt die Verknüpfung der Gruppen in den 3 Runden sicher. Er leitet die Gruppe und übermittelt ihr die Erkenntnisse und Entdeckungen aus den vorherigen Runden. Am Ende kommen alle im Plenum zusammen. Die Tischdecken werden an Metaplanwänden o. ä. aufgehängt und die Gastgeber stellen die Ergebnisse auf ihren Decken vor.

Open Space

Open Space entstammt der Idee von Harrison Owen. Im Plenum bringen Teilnehmer während der Marktplatzphase Themen ein. Sie sollen dringend, wichtig, komplex sein. Finden sich andere Interessenten für das Thema, wird dem Thema Raum und Zeit für eine Diskussion in einer Kleingruppe eingeräumt. Jeder soll sich in die Gruppe einbringen, wo er den größten Beitrag leisten kann. Jeder hat die Freiheit, wann immer er es für richtig hält, die Gruppe zu wechseln. Manche Teilnehmer wechseln häufig, manche selten. Der Themenverantwortliche betreut sein Thema die ganze Zeit. Am Ende kann er wichtige Ergebnisse im Plenum zusammenfassen und vorstellen.

Fishbowl

Die Fishbowl ist eine Plenumsdiskussion, in der sich punktuell alle nach bestimmten Spielregeln aktiv an der Diskussion beteiligen können. Der Moderator achtet strikt auf die Einhaltung der Spielregeln. Zunächst beginnt die Diskussion mit einer initialen Runde mit 3-5 Personen, die profilierte Thesen zum Diskussionsthema vertreten. Jeder aus dem Publikum im Außenkreis, der dann etwas in die Diskussion einbringen möchte, setzt sich auf einen freien Stuhl in der inneren Runde. Dafür verlässt ein Partner den Innenkreis, der das Gefühl hat, momentan wenig zu Diskussion beizutragen.

Zukunftswerkstatt.

Das Verfahren der Zukunftswerkstatt wurde in den 1960er Jahren von den Zukunftsforschern Robert Jungk, Rüdiger Lutz und Norbert R. Müllert geprägt. Ziel ist v. a. Lösungen zu erkunden und dabei Menschen basisdemokratisch zu beteiligen.

Wegen ihrer einfachen Struktur sind ist die Zukunftswerkstatt mit wenig Aufwand überall einsetzbar, wo es darum geht, sich ausgehend von einer kritischen Analyse des Ist über die erstrebenswerte Zukunft klar zu werden und Energie für Veränderung zu mobilisieren. Die Durchführung einer Zukunftswerkstatt eignet sich gut für Strategieklausuren, die einen mehrtägigen Zeitrahmen vorsehen.

Bei der Zukunftswerkstatt handelt es sich um ein zieloffenes Verfahren, bei dem die Ergebnisse von der freigesetzten Kreativität der Gruppe abhängen. Beteiligte werden als gleichberechtigte Experten zur Lösung des Problems gehandelt. Bislang nicht abgefragtes, verdrängtes oder verschüttetes Wissen wird an die Oberfläche moderiert. Das eigene Denken kann so reflektiert werden. Eine Zukunftswerkstatt gliedert sich konkret in drei Phasen.

1. Phase der kritischen Bestandsaufnahme (Kritikphase)

In der Kritikphase werden die ausgewählten Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. So werden in kurzer Zeit viele Kritikpunkte und Probleme gesammelt, die aus Sicht der Teilnehmer zu verändern sind.  Zur Abfrage der Punkte können verschiedene Methoden und Techniken herangezogen werden, wie z. B. das Metaplansystem, bei dem die Teilnehmer selbst ihre Kritikpunkte notieren, in der Gruppe diese nach Oberbegriffen sortieren und mit der Vergabe von bis zu fünf Klebepunkten nach Wichtigkeit priorisieren. Zur weiteren Vertiefung der Analyse werden dann Gruppen gebildet, die autonom verschiedene Problemfelder weiter analysieren und ihre Ergebnisse dann in der Gesamtgruppe vorstellen. Um Kritik als Chance zur Verbesserung zu nutzen, bedarf es eines qualifizierten Moderators in jeder Gruppe. Die Kritikphase erleben die Teilnehmer oft als Befreiung, Kritik loszuwerden, aber auch als depressiven Tiefpunkt, an dem das Ausmaß der Probleme bewusst vor Augen geführt wird. Die Konfrontation mit den negativen Aspekten verstärkt den Wunsch nach einem Wechsel der Perspektiven und setzt Energie für Veränderung frei.

2. Phase der phanasievollen Zukunftsvision (Utopiephase)

Erst nach dem Abschluss der Bestandsaufnahme werden nun Zukunftsvisionen erarbeitet. In dieser Phase entwickeln und gestalten die Teilnehmer mithilfe von Kreativitätsverfahren Phantasien und Visionen. In einer Zeitreise  stellen sich die Teilnehmer vor, im Jahre 20xx habe sich alles nach ihren Wünschen und Vorstellungen verändert. Mit visionärem Brainstorming und Tagträumen werden neue Denkansätze eröffnet, da man nicht im Problembereich verhaftet bleibt und sich auch vom Trend löst, welcher sich aus dem Fortschreiben der Vergangenheit und der Gegenwart abzeichnet. In dieser Phase empfinden die Teilnehmer häufig Euphorie als Reaktion auf die Befreiung von eingefahrenen Denkmustern. Da die Zukunft stark von den kollektiven Erwartungen und Vorstellungen über sie geprägt ist, schafft ein Bewusstseinswandel auch einen Wandel im außen. Das stärkt die Gruppe und gibt Antrieb für den Wandel, da die Teilnehmer entdecken, welche Sehnsüchte und Wünsche sie miteinander verbinden.

3. Phase der Umsetzung

In der Phase der Umsetzung und Realisierung geht es darum, aus den Visionen die Ansätze herauszuarbeiten, an deren Umsetzung Interesse besteht und deren Chancen zur Durchsetzung als gut eingeschätzt werden. Nach der Einigung auf konkrete Projekte bilden sich neue Gruppen, die einen Umsetzungsplan für ihr ausgewähltes Projekt erarbeiten. Dabei werden Teilschritte, Meilensteine und Verantwortlichkeiten ausgehend von der Zukunftsvision zurück bis in die Gegenwart festgelegt. Je nach Komplexität können gut Methoden und Hilfsmittel des Projektmanagements eingesetzt werden. Die Aufgabe des Moderators ist in dieser Phase, die Interessen und Veränderungsbereitschaft der Teilnehmer aufzudecken. So kann er engagierte Gruppen dabei unterstützen, die Aufbruchsstimmung in ein konkretes Tun überzuleiten. Gruppen, die doch keine Veränderung wünschen, kann paradox aufgezeigt werden, wie sie selbst dazu beitragen, den beklagten Zustand zu erhalten.

Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt werden zusammengefasst und allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt. Es empfiehlt sich, bereits den Folgetermin zu vereinbaren, bei dem die weitere Umsetzung der besprochenen Themen und ihre Ergebnisse gemeinsam evaluiert und reflektiert werden.

Grenzen der Großgruppenmoderation

Je nach bestehender Konfliktlage ist ein Großgruppenformat für eine Strategieklausur nicht immer zielführend. Je nach Brisanz und strategischer Relevanz schwieriger Themen bietet sich an, in einem Kaskadenmodell zuerst im inneren Führungskreis ein Commitment der oberen Leitung in einer Reihe von Klausurtagungen zur Standort- und Zielabstimmung zu erarbeiten und dann die nächsten Schritte zu gehen.


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