Eine Brücke verbindet Himmel und Erde. Man nennt sie Brücke des Regenbogens. Gedanken aus dem Regenbogenland von der anderen Seite des Regenbogens sind ein Stoff wie aus dem Jenseits, aber doch keiner für Arztbriefe. Oder doch?
Dieser Brief aus dem Regenbogenland
lag eine Woche nach dem Tod unserer Hündin Cindy im Mai 2020 in unserem Briefkasten:
Ihr wart bei mir bis zum Ende.
Und auch nachdem ich schon gegangen war, habt ihr mich noch eine Weile gehalten.
Als meine Seele meinen Körper verließ, blickte ich hinab und sah euch weinen.
Ich würde euch so gerne sagen, dass ich alles verstanden habe.
Ihr habt diese letzte Entscheidung nur für mich gefällt.
Und sie war weise.
Es war an der Zeit für mich zu gehen. Ich danke euch für euer Verständnis.
Niemand wird meinen Platz einnehmen,
aber die, die nach mir kommen, brauchen eure Liebe und Zuneigung so wie ich sie hatte.
Ihr denkt immer an mich. Das sind Momente, in denen ihr so traurig seid.
Bitte denkt nicht voller Trauer zurück.
Denkt nur daran, wie glücklich wir zusammen waren.
Ich danke euch, dass ihr mich geliebt habt, dass ihr für mich gesorgt habt,
und dass ihr den Mut hattet, mich in Würde gehen zu lassen.
Eure treue Wegbegleiterin, Cindy
Diesen Arztbrief werden wir nie vergessen
Unsere Cindy war nicht einfach nur ein Hund. Sie war mehr ein Familienmitglied, eine treue Wegbegleiterin. Wie eine kleine Schwester für unsere Kinder, die bei Kummer tröstet, ein kleines Fell-Kind, mit dem man albern durch die Wälder tollt, zusammen joggt oder “Verstecken spielt”. Menschen, die schon ein Haustier hatten, das Ihnen genauso ans Herz gewachsen war, können wohl nachempfinden, welchen bewegenden Moment wir bei dem Lesen des Briefes erlebt haben.
Für uns spielte sich der Abschied völlig überraschend in nicht einmal einem halben Tag ab. Am späten Vormittag hatte die erst achtjährige Setter Hündin einen Schwächeanfall. Uns fiel dann erst ihre Blutarmut und ihre Untertemperatur auf. Nach der Ferndiagnose waren wir bereits vorgewarnt, dass die Symptome für einen geplatzten Tumor sprechen und keine gute Überlebensprognose besteht. Die infauste Diagnose bestätigte sich bei der Notdienst habenden Tierärztin. Corona bedingt musste das Einschläfern direkt vor Ort in der Tierklinik erfolgen. Wir bekamen als Familie von der Ärztin noch eine halbe Stunde alleine mit Cindy, um uns zu verabschieden. Eben jene Ärztin war es, die uns später den Brief aus dem Regenbogenland geschickt hat, der unser Herz so unvermittelt in der Tiefe erwärmt und unsere Trauer mit ganz vielen Tränen der Rührung so ausgeschwemmt hat.
Es gibt sicherlich keinen berührenderen und trösenderen Arztbrief als dieser ganz persönlich adressierte Brief aus dem Regenbogenland. Und es gibt so überraschend menschliche Ärzte! Dieses Erleben zeigt uns nur noch mehr den Weg auf, dass auch das Personal in Kliniken einen Raum des Mitfühlens und der Würde für das Leiden und Sterben erschaffen kann. Damit Zeit und Raum ist für die Kranken und ihre Zugehörigen, für ein wichtiges Wort des Trostes, der mit ins weitere Leben gegeben wird. Es sind gerade solche Momente der Mitmenschlichkeit, die unvergesslich sind.
Epilog
Diese fehlende Strophe aus dem Originalgedicht ist – nun auch für unseren Sammy, den wir einen Monat später von der Streunerhilfe aus Griechenland adoptierten und uns ein richtiger Sonnenschein ist – noch zu ergänzen:
… Und wenn die nächsten Wegbegleiter euch für immer verlassen müssen,
dann werde ich an der Regenbogenbrücke auf sie warten.
Ich werde ihnen danken, dass auch sie euch glücklich machten.
Und ich werde auf sie aufpassen – für euch!
Danke Cindy für all die Freude mit dir.