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Lerneinheit Transformational Führen I – Vom DFB Sommermärchen

von Aug 24, 2014Blogs

Ob das DFB Sommermärchen 2006 als ein Beispiel für transformational Führen und transformationale Entwicklung von Teams auch in Kliniken taugt?

Erinnern Sie sich noch an das Sommermärchen 2006? Die starke Euphorie, der Fußball – ein Fest, ganz Deutschland im Taumel? Doch nur zwei Jahre zuvor: Deutschland scheidet gegen der B-Auswahl der Tschechen in der Vorrunde der EM wegen schlechter Leistung aus. Neben dem Team steht der gesamte Deutsche Fußball Bund (DFB) in der Kritik. Der größte Sportverband der Welt hatte sich über die Jahre zu einem trägen Koloss mit veralteten Strukturen entwickelt. Doch in zwei Jahren war es Kliensmann, Löw und Bierhoff gelungen, das Team und weite Teile des DFBs zu transformieren. Das Team lieferte Höchstleistungen ab, wenn es darauf ankam. Und wurde Weltmeister. Einer der Erfolgsfaktoren für den Wandel war der Ansatz der transformationalen Führung.

 

Was ist transformational Führen?

Gerade in Zeiten der Krise stellt sich die Frage: „Wie muss Führung sein, um erfolgreich zu verändern?“ Die transformationale Führung wurde Ende der 70er Jahre geboren, als die USA von einer Rezession gebeutelt wurde. Sie geht bei der Gestaltung von Wandel davon aus, dass Führung die Menschen zuallererst für die Idee entzündet. Einen Sinn, einen Purpose, liefert, für den sich die Mitarbeiter begeistern. Dann engagieren sie sich dafür. Transformationale Führung will Mitarbeiter zu Leistungen bewegen, die die Erwartungen übertreffen. Denn genau das braucht es in Zeiten von Krisen und Umbrüchen. Es geht um den Menschen selbst. Führung gelingt es so Impulse zu setzen, dass der Einzelne seine Haltung erweitert, sein Verhalten verändert und so das Team auf Dauer andere Ergebnisse erreicht. 

Transformationale Führung basiert nach Bass/ Avolio (1994) auf 4 Säulen:

  • Glaubwürdigkeit und Vorbild (Idealized Influence): Sie wird hohen moralischen Ansprüchen gerecht, ist integer, verlässlich und genießt so das Vertrauen ihres Umfeldes.

  • Inspiration und Motivation (Inspirational Motivation): Sie ist selbst begeistert und überzeugt, erklärt, inspiriert mit Sinn, Hoffnung und Zuversicht und nährt den Teamgeist.

  • Anregen zu unabhängigem Denken (Intellectual Stimulation):Sie regt die Kreativität ihrer Mitarbeitenden an. Das Tun wird hinterfragt und dazu ermutigt, Neues zu probieren.

  • Individuelle Förderung und Entwicklung (Individual Consideration): Sie entfaltet Potenziale, ist Coach/ ihrer Mitarbeitenden, fördert Füreinander und gegenseitige Ergänzung.

Ob diesen Ansprüchen eine Führungsperson alleine gerecht werden kann, ist fraglich. Einfacher ist es für Führungsteams, dies gemeinsam zu erreichen. 

 

Das DFB-Führungsteam 

Schauen wir zurück auf unser Sommermärchen und setzen die Führung dazu in Bezug [2]:

  • Glaubwürdigkeit und Vorbild: Jürgen Kliensmann war ein Vorbild für die Mannschaft. Er selbst war früher Welt- und Europameister. Und er wusste, was er wollte. Er ging seinen Weg konsequent und vermittelte dem Team damit Sicherheit und Zuversicht.
  • Inspiration und Motivation: Es ging nicht nur ums Gewinnen und um den WM-Titel. Nein, ganz Deutschland sollte wieder stolz auf seine Mannschaft sein. Oliver Bierhoff fasste dies in den Satz: „Jedes Kind in Deutschland soll wieder den Wunsch haben, Nationalspieler zu werden.“ Es ging um Deutschland als Fußballnation.
  • Anregung und Herausforderung, autonom zu denken: Jürgen Kliensmann beteiligte alle. Vor jedem WM-Spiel hielt ein Spieler aus dem Team eine kurze Ansprache in der Kabine. Zudem wurden namhafte Größen außerhalb des Fußballes für Vorträge eingeladen, um neue Einsichten zu vermitteln.
  • Individuell Fördern und Entwickeln: Jürgen Kliensmann beschränkte sich auf die Moderation und Koordination und setzte auf Fachleute, die ihre Aufgabe verstanden. Zudem führte er immer wieder Einzelgespräche mit seinen Spielern, um deren Stärken, Schwächen, Einstellungen und Ängste zu verstehen und Maßnahmen für deren Entwicklung abzuleiten.

Wie der Ausdruck „Sommermärchen“ zeigt, veränderte sich damals mit dem Führungsteam nicht nur die sportliche Leistung des Teams. Die große Vision von Deutschland als begeisterte Fußballnation erhielt neuen Auftrieb.

 

Transformational Führen in Kliniken

Auch in Kliniken als Experten-Organisation ist der Wandel eine dauerhafte Aufgabe von Führung. In dieser Situation scheint transformationale Führung wie geschaffen:[3] Experten in ihren Kompetenzen einsetzen und sie zu freiem Denken zu motivieren, liegt da nahe. Im Allg. sind gerade Mitarbeiter in Kliniken von einer hohen intrinsischen Motivation für ihren Job geleitet. Sie wollen helfen und heilen und finden per se Sinn in der Arbeit, Menschen in vitalen Grenzsituationen des Lebens zur Seite zu stehen. Da kann transformational Führen ansetzen.

Doch es gibt auch Hindernisse:

  • Starre Reglungen, eine Kultur der Verwaltung und Fehlervermeidung töten freies Denken.
  • Absichern und Angst vor Fehlern hemmen die Kreativität.
  • Stetiger Einsparungsdruck verstellt den freien Blick in die Zukunft.
  • Hohe Belastung nimmt Mitarbeitern auf Dauer die Energie für den Wandel.
  • Das abgeschottete Denken in Berufsgruppen und Abteilungen schafft unnötige Grenzen.
  • Es fehlt an Zeit und Raum für selbstorganisierte Prozesse im Alltag. 

Dies erklärt, warum Transformational Führen in unseren wirtschaftlich schwierigen Zeiten in Kliniken kaum anzutreffen ist. Und doch gibt es keinen Weg daran vorbei, auf Werte und Sinn zu fokussieren. Sicher ist es einer der wenigen Schlüssel, die neue Generation von Mitarbeitern für sich zu gewinnen. In Zeiten von Fachkräftemangel reicht es einfach nicht mehr, in der Führung so weiter zu machen wie bisher und an den überkommenen Arbeitsbedingungen nichts zu ändern. Junge Menschen wollen einen Beitrag leisten können. Und sie hinterfragen sehr genau, was sie selbst davon haben. Sie setzen richtiges und gutes Management und Führung voraus.

 

 

[1] Vgl. Bass, B. M. and Avolio, B., Improving Organizational Effectiveness Through Transformational Leadership, Thousand Oaks et al., 1994, S. 3-4.

[2] Vgl. W. Jenewein: Das Klinsmann-Projekt, Was Unternehmen von Jürgen Kliensmann lernen können, in: Harvard Business manager, 30(6), Juni 2008, S. 16-28, hier insb. S. 25–27.

[3] Vgl. Ruhl, S./ Krüttgen, N.: Der Chef als Vorbild, in: CNE Pflegemanagement, 3/2018, S. 4-7 sowie Ruhl, S./ Krüttgen, N.: Geht nicht, gibt’s nicht, in: CNE Pflegemanagement, 3/2018, S. 8-11.


 

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