0621 | 44596656 info@ruhl-consulting.de

Lerneinheit Teambuilding und Teamentwicklung – Vom GRIP Modell

von Aug 28, 2016Blogs

Welche vier Faktoren gibt das GRIP Modell gibt Leitungen an die Hand, um Teambuilding und Teamentwicklung zu steuern sowie Selbstorganisation und Zusammenarbeit systematisch zu stärken?

 

Die Intelligenz eines Teams hat das Potenzial, die Intelligenz des Einzelnen weit zu übertreffen. Ein soziales System hat die Kraft, Neues hervorzubringen. Ein Team kann Fähigkeiten zum koordinierten Handeln entwickeln. Doch dafür müssen die Mitglieder im Team erst einmal die Phasen des Forming und Storming hinter sich lassen, die Grenzen der eigenen Perspektive überwinden und sich auf ein gemeinsames Denken und Zusammenarbeiten einlassen. Aufgabe der Führung ist es, dafür den Rahmen zu gestalten. Damit sich die Fähigkeiten und Kompetenzen der Einzelnen entfalten. Das ist der Erfolgsfaktor für synergetische Teams. Das GRIP Modell von Richard Beckhard (1972) – oft auch in Reihenfolge des Vorgehensvorschlages GRPI genannt – unterscheidet vier elementare Faktoren zur Steuerung von Teams in Organisationen: GRIP ist ein Akronym für Goals, Roles, Interaction und Process. 

 

Goals (Transparenz der gemeinsamen Ziele)

Jeder Mensch hat bewusst oder unbewusst Ziele. Doch haben die Mitglieder eines Teams als Basis ihrer Zusammenarbeit überhaupt auch gemeinsame Ziele? Ziele die keiner von ihnen alleine erreichen könnte? Kennen alle Mitglieder im Team die Leistungsziele des Teams? Nur so kann ja der Einzelne optimal mit seinem Potenzial beitragen. Grundlage des GRIP Modells ist also zunächst die Klärung der Strategie:

  • Welche Ziele soll das Team konkret erreichen? Welche individuellen Ziele soll jeder Einzelne dazu beitragen. Ziele bilden die Basis der Existenz des Teams.
  • Woran wird der Erfolg des Teams gemessen? Es ist wichtig, die Ziele so konkret wie möglich zu benennen und die Messkriterien sowie Messintervalle zur Erfolgsmessung zu kennen.
  • In welcher Zeit sind die Ziele mit welchen Ressourcen zu erreichen? Ziele werden nach Wichtigkeit und Dringlichkeit priorisiert und mit Deadlines hinterlegt.  

 

Roles (Klarheit von Rollen und Verantwortlichkeiten) 

Ein zweiter Steuerfaktor für Teams sind klare Rollen und Verantwortlichkeiten. Sowohl des Teamleiters als auch jedes Mitglieds im Team. Ggf. ist immer wieder zu prüfen, ob die Rollen im Team sinnvoll verteilt sind. Die Frage des “Wer?” ist daher vor der Frage des “Was?” zu prüfen. In aller Regel ist der Teamleiter für die Auswahl und die Zusammenstellung des Teams verantwortlich.

Wie bereits Peter F. Drucker am Beispiel von Sportarten zeigt, gibt es die verschiedensten Arten von Teams. Homogene Teams (wie im Tennis-Doppel) zeichnen sich dadurch aus, dass die Mitglieder die gleiche Qualifikation haben. Der Teamleiter hat hier die Aufgabe eines Integrators. Bei interdisziplinär und -professionell zusammengesetzten Teams mit verschiedenen Qualifikationen und Fähigkeiten der Einzelnen handelt es sich um Teams von Spezialisten (wie in einem Football-Team). Der Leiter wirkt zugleich als Integrator als auch als Koordinator. Mit steigender Zahl an Mitgliedern nimmt der Aufwand für Information, Koordination und Kommunikation deutlich zu. Der Leiter ist dafür verantwortlich, die einzelnen Persönlichkeiten einzuschätzen und sie nach ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen einzusetzen.

Die Teamentwicklung setzt an der Personalentwicklung des Einzelnen an. Zunächst ist die Lücke zwischen dem Ist und dem Ziel der Entwicklung der einzelnen Mitglieder für die weitere Rollenklärung entscheidend. Bei unerfahrenen Teammitgliedern muss der Teamleiter auch als Mentor und Supervisor wirken. Das Konzept des selbstorganisierten Arbeitens eignet sich erst bei erfahrenen Mitgliedern. Hierbei leitet das Team sich selbst und der Teamleiter beschränkt sich auf die Aufgabe eines Moderators.

  • Die Rollen der Mitglieder sollten – z.B. in Stellen-, Funktions- oder Arbeitsplatzbeschreibungen – geklärt und schriftlich fixiert sein.
  • Part der Rollenklärung ist, eine Matrix der Kompetenzen zu entwickeln: Welche Kompetenzen werden für welche Rolle im Team benötigt und wer im Team verfügt über welche?  
  • Welche Kompetenzen sollen beim wem gestärkt werden?

 

Interaction (Reflexion von Normen und Werten der Zusammenarbeit)

Kultur ist das Ergebnis des Miteinanders. Doch wo sich neu gebildete Teams direkt in das operative Geschäft stürzen, lassen zwischenmenschliche Konflikte und Reibungsverluste nicht lange auf sich warten. Sich vorab über Normen und Werte zu verständigen ist sinnvoll, aber ausreichend – es ist eine Daueraufgabe. Zeit für die Abstimmung im Team über die Zusammenarbeit einzurichten, ist eine gute Investition und wird durch gut eingespielte Teams und Routinen ohne destruktive Spannungen in der Zusammenarbeit mehr als überkompensiert.

Die Entwicklung eines Rahmens für effektive Teamarbeit ist also kein einmaliger Prozess in der Phase des Teambuildings. Die Reflexion und Weiterentwicklung – gerade in Zeiten hohen Wandels – ist eine dauernde Aufgabe der Teamentwicklung. Das GRIP Modell hilft zwar ganz besonders in der Aufbauphase, um die Teamfindung zu begleiten, es zeigt aber auch auf: Es bleibt zentrale Aufgabe der Leitung ihr Team im Blick zu behalten und auf Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit, Veränderungen in der Zusammensetzung etc. zu reagieren. Neben Strategie und Struktur, soll sich das Team zunehmend über seine Kultur, über seine Art und Weise der Zusammenarbeit, bewusst werden. Welche gemeinsam geteilten Normen und Werte prägen das Zusammenspiel? Kultur kann nicht verordnet werden, sondern entsteht in der Interaktion. Die Leitung jedoch bestimmt die Spielregeln, wer ins Team passt und integriert wird, welches Verhalten korrigiert wird usw. Auch hierfür gibt es gute Instrumente: 

  • Gemeinsame Spielregeln für die Zusammenarbeit sind entwickelt.
  • So konkret wie möglich ist benannt, welche Umgangsformen und Verhalten untereinander gewünscht sind. Es haben sich gemeinsame Werte und Normen herausgeschält.
  • Bestehen bereits passende Leitbilder und Unternehmenswerte, so sollten sie anschlussfähig sein.

 

Processes (Definierte Leistungs- und Kommunikationsprozesse) 

Damit ein Team seine höchste Produktivität erreicht, braucht es hohe gegenseitige Verlässlichkeit und eingespielte Routinen. Die Zusammenarbeit des Teams ist wesentlich für seine Leistung. Die Zusammenarbeit ist umso effektiver, je besser jeder Einzelne weiß, wie er zum Erfolg des Teams beitragen kann. Wie im Drucker Beispiel der verschiedenen Sportarten, kann das Zusammenspiel je nach Spielregel eher starr und seriell oder flexibel und parallel organisiert sein. Den Takt gibt die Leitung vor.

Die Performance des Teams aber hängt sehr von Prozessen sowohl der Arbeitsorganisation als auch der Kommunikation ab. Sowohl von der Kommunikation im Team als auch nach außen. Wie viel Kommunikation findet zwischen den Teammitglieder statt? Dies ist ein Predictor für die Energie im System. Wie engagiert beteiligen sich die einzelnen Mitglieder an dieser Kommunikation? Durch die aktive Beteiligung an Kommunikation im System entsteht Identifikation mit dem Team und emotionale Bindung. Wie Mitglieder nach außen kommunizieren, um Lösungen zu explorieren oder zu teilen kann eine magnetisierende Wirkung des Teams ausmachen, mit der es andere begeistert.[2]

  • Die Leistungsprozesse sind geplant, d. h. es wird im Detail festgehalten, was bis wann durch wen zu tun ist. Damit ist transparent, wie die gesteckten Ziele gemeinsam erreicht werden sollen.
  • Auch ToDo-Liste werden zuverlässig von allen abgearbeitet. Menschen kümmern sich auf ihre Weise, dass das Ganze funktioniert, ohne an der falschen Stelle Verantwortung zu übernehmen.
  • Zudem ist zu planen, wann welche Regelkommunikation worüber und mit wem stattfindet und welche situativen Kommunikationswege im Team ermöglicht werden.

 

[1] Vgl. Beckhard, Richard (1972): Optimizing team building efforts, in: Journal of Contemporary Business, vol. 1, issue 3, S. 23-27; Laloux, Frederic (1. Auflage 2015): Reinventing Organizations. Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. 

[2] Vgl. Pentland, Alex (2012): The new science of building teams, in: Harvard Business Review.