Worauf ist bei der Moderation von Brainstorming zu achten? Wie kann frei und neu zu denken als kreative Ressource im Brainstorming entwickelt werden? Wie werden bei der Bewertung von Ideen alte Denkmuster durchbrochen?
Moderation von Brainstorming
Brainstorming ist geeignet, um gerade in Gruppen neu zu denken und zu neuen kreativen Ideen zu kommen. Wenn der Prozess gut moderiert wird. Entwickelt wurde die Methode bereits in den 1940-er Jahren von Alex F. Osborn [1]. Der Name Brainstorming hat sich auch für andere Techniken weiter verbreitet und die Methode wurde oft modifiziert. Heute existieren diverse Kreativitätstechniken, die sich sehr gut alleine für sich oder effektiver noch in Gruppen einsetzen lassen. Ziel ist es, anzuregen, Out of the Box, außerhalb der üblichen Rahmen neu zu denken. Um echte neue Ideen zu entwickeln. Im Prozess werden starre Muster im Denken aufgebrochen. Im entspannten Klima lassen sich die Protagonisten auf neues Denken und neue Lösungen ein. Für die Leitung und Einhaltung des Prozesses sorgt eine Moderation.
Moderation Phase 1: Ideen sammeln und strukturieren ohne zu bewerten
Bis alle Sinne offen sind, braucht es Zeit. So kann ein Impuls zur Einstimmung gut sein. Danach geht es in der ersten Phase i.Allg. 5-30 Minuten um das freie Sammeln von Ideen. Vorstrukturierte Fragen zum Thema können den Prozess anstoßen und am roten Faden entlang leiten (offenes oder halbstrukturiertes Brainstorming). Das Thema wird durch Beiträge von allen Seiten her beleuchtet. Dabei fördert es der Moderator, Ideen aufzugreifen, zu kombinieren, auszubaut und zu diversifizieren. Jeder kommt zu Wort. Niemand monologisiert. Der Moderator sorgt für kurze Beiträge, das gegenseitige Anschließen an Ideen und ein ordentliches Tempo. So sucht die Gruppe im Brainstorming neue gemeinsame Perspektiven. Bauch ist hier wichtiger als Ratio. Daher wird ins Unreine gesprochen, Kreativität gefördert. Es darf lustig sein und gelacht werden. Dagegen schadet Perfektion mehr als es hier dient.
Es ist für die Beteiligten hilfreich, Ideen etwa in einer Mind Map zu sammeln, zu strukturieren und zu visualisieren.[2] Gerade wenn sie sich flexibel im Verlauf der Diskussion umordnen lässt. In der Diskussion zeigt sich, die Energie der verschiedenen Ideen. Die Zweige der Landkarte der Ideen sollte sich auf 3-4 Ebenen beschränken. Sonst besteht die Gefahr, dass die Thematik zu eng angegangen wird und dass zu wenig Raum für andere Ansätze bleibt. Führt ein Zweig zu alten Strukturen zurück, soll er zügig verlassen werden und an einem anderen Ast wieder neu angesetzt werden. Ressonante neue Ideen und Impulse werden verfolgt. Es geht um Spinnen und Spielen. In dieser kreativen Phase wird nichts verworfen. Ideenkiller sind Tabu. Es gibt nur Optionen. Dafür ist das A und O, dass die Moderation strikt allparteilich ist und bei jeder Kritik, jeder Beurteilung und Bewertung sofort interveniert.
Brainstorming Varianten
Um die Energie anzuheizen, können variierende Spielarten für die Moderation genutzt werden, wie
- Analogietechnik (aus anderen Kontexten übertragen),
- Negativbrainstorming oder Kopfstandtechnik,
- Bildercollagen,
- 6-3-5 Methode (6 Teilnehmer schreiben je 3 Ideen auf, die dann 5mal weitergegeben und weiter ausgearbeitet werden),
- Ishikawa Diagramm/ Fishbone
- Design Thinking Prozess, der spezifisch auf das Kundenbedürfnis abstellt
Moderation Phase 2: Widerstände wahrnehmen, Ideen bewerten
Nach Abschluss des Brainstormings kommt am besten eine kurze Pause. Dann geht es in die Bewertung. Dabei können Kriterien zur Bewertung angewendet, Ideen sortiert (auch aussortiert) und bepunktet werden. Entschieden und priorisiert wird in jedem Fall erst in dieser 2. Phase. Da jeder entlang seiner Landkarte seinem gewohnten Denken Vorrang gibt, kommt es darauf an, sich in der Phase der Bewertung mit seinen Widerständen zu beschäftigen. Nur so kann neues Denken entstehen. Z.B. bieten sich dazu
- die Denkstühle von Walt Disney (Träumer, Realist, Kritiker) oder
- die Denkhüte von De Bono
an. Entscheidend für die Qualität ist, dass die Gruppe aus nicht mehr als 7 Experten möglichst unterschiedlicher Couleur besteht. Es sind selten die Teilnehmer mit der größten Erfahrung in einem Thema, die dazu den innovativsten Output erzeugen. Gefragt ist daher in der Tat eine breite Mischung der Persönlichkeiten. V.a. braucht es Quer (um die Ecke) Denker und Avantgardisten. Die bunte Mischung an Teilnehmern quer über diverse Bereiche und Erfahrungen schafft die größte Anregung. Dominante Personen und Vielredner stören den Prozess. Hier ist die Moderation gefragt, für Balance zu sorgen und auch leisen Stimmen Raum zu geben. Gerade geübte kreative Menschen sind in der Lage, sich im Verlauf des Brainstormings zu beflügeln. So kann Brainstorming in sehr kurzer Zeit einem bunten Blumenstrauß an Ideen liefern.
Kreative Ressource im Brainstorming
Durch Quer (um die Ecke) denken und (humorvoller) provokanter Konfrontation erhält das Brainstorming die nötige Spannung und Würze. Um das Denken zu erweitern, erfrischen Unruhestifter, Abweichler, Querulanten bzw. Menschen, die anders denken als die Masse. Ohne out of the box Denker gäbe es keinen frischen Wind, keine bahnbrechenden Neuerungen, keine Veränderungen. Deshalb sind sie für alle Teams nötig.
Hinderlich sind nur „Pseudo Querdenker“. Diese folgen einem immer gleichen rhetorischen Muster ohne jede Verantwortung für das Ergebnis. Es wird ein Satz aufgegriffen, als schwarz oder weiß simplifiziert, ab- oder aufgewertet und dann die eigene pauschale These zum Besten gegeben. Dabei kommen hohle Parolen, aber keine neuen Lösungen heraus. Out of the Box Denken hinterfragt ja gerade das Gewohnte und löst sich bewusst davon. Es stellt neue Bezüge her, nimmt neue Perspektiven ein. Out of the Box Denker heben sich von der Masse ab und schwimmen im Denken und Herangehen an Dinge oft gegen den Strom – jedoch nicht um seiner selbst willen. Ein ist kein notorisches Suchen von Gegenbeispielen und Kritisieren. Es nutzt die Out of the Box Perspektive vielmehr als Mittel zum Zweck, um bessere Ergebnisse zu erreichen.
Wer etwas Anderes will, muss etwas Anderes denken und tun. Das fordert anderes Denken im 1. Schritt und anderes Verhalten im 2. Von vertrauten Wegen abweichen, die gewohnte Komfortzone zu verlassen, das tut der Mensch von Natur aus nicht gerne. Wer möchte schon, dass an seinem Weltbild gerüttelt wird? Doch genau das tut uns in der Entwicklung und Konfliktlösung ab und an ganz gut.
Links
[1] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Alex_F._Osborn; zuletzt besucht am 2.1.2023.
[2] Vgl. Harvard Business Manager 08/2010: „Querdenken mit System“ von Kevin Coyne.
[3] Vgl. Currey, Mason (2014): Musenküssen: Für mein kreatives Pensum gehe ich unter die Dusche – Die täglichen Rituale berühmter Künstler.