Das Unerwartete managen. Wie Unternehmen aus Extremsituationen lernen können. Schäffer-Poeschel Verlag.
Das Buch von Karl Weick und Kathleen Sutcliffe beruht auf einer Analyse von selbst gesammelten Daten. Diese hatten sie zur Frage erhoben, wie Menschen und Organisationen mit exorbitant hohem Potenzial für Fehler und Katastrophen für Spitzenleistungen sorgen. Das sind etwa atombetriebene Flugzeugträger, Flugsicherungssysteme, Flugoperationen, Verhandlungsteams bei Geiselnahmen, Atomkraftwerke oder Feuerwehreinheiten, aber auch medizinische Notfallteams. All diesen Organisationen ist gemeinsam, dass sie unbedingt zuverlässig funktionieren müssen, denn jeder Mangel an Zuverlässigkeit kann fatale Folgen haben.
Die beiden Autoren beschreiben ihr Buch selbst wie folgt: Das Buch handelt von Experten für flexible Spitzenleistungen und davon, wie es ihnen gelingt, betriebliche Abläufe trotz wiederholter Unterbrechungen im Griff zu behalten.* Für die Autoren liegt die Quintessenz des Erfolges dieser Unternehmen darin, dass sie Formen besonderer Achtsamkeit entwickeln und damit das Geschehen im Auge behalten.
Im 1. Kapitel zeigen die Autoren, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Organisation mit hoher Zuverlässigkeit arbeiten kann. Das 2. Kapitel trägt den Titel „Erwartungen und Achtsamkeit“ und setzt sich damit auseinander, wie Erwartungen mit Rollen, Routinen und Strategien zusammenhängen und welche „blinden Flecken“ sie in unserer Wahrnehmung erzeugen. Um den „blinden Flecken“ zu begegnen, braucht es ein geschärftes Bewusstsein. Erfolgreich sind demnach Organisationen, die eine von Achtsamkeit geprägte Organisation aufbauen, in der man stetig
- aufmerksam kleinere Fehler und Störungen aufspürt,
- groben Vereinfachungen widersteht,
- sensibel für betriebliche Abläufe bleibt,
- flexibel zu reagieren vermag, und
- jeweils fachliches Wissen und Können, den größten Sachverstand, nutzt.
Diese fünf Prinzipien der Achtsamkeit unterteilen die Autoren in zwei Gruppen. Zum einen in die Prinzipien der Antizipation (1-3). Zum anderen in die Prinzipien der Eindämmung (4-5). Während die Prinzipien der Antizipation darauf ausgerichtet sind, unerwartete Ereignisse und Störungen zu verhindern, sind die Prinzipien der Eindämmung darauf ausgerichtet, im Ernstfall die Auswirkungen von unerwarteten Ereignissen und Störungen zu mindern.
In den letzten drei Kapiteln zeigen die Autoren, wie das theoretische Wissen der ersten Kapitel in die Praxis übertragen und das eigene Unternehmen nach den dargestellten Grundsätzen gestaltet werden kann. Dazu starten sie mit einem Selbsttest, bestehend aus 9 Teilen, um die eigene Organisation einzuschätzen. Dann zeigen die Autoren auf, wie die Prinzipien in der Kultur verankert und ein achtsames Management etabliert werden kann.
Mit den anschaulichen Fallbeispielen, gerade auch aus der Spitzenmedizin, mit den dargestellten Werkzeugen, mit dem Selbsttest und mit dem Aktionsprogramm für eine Kultur der Achtsamkeit ist „Das Unerwartete managen“ ein spannendes Buch gerade für Führungen in Kliniken. Es gibt echte Denkanstöße, neu auf bestehende Strukturen zu blicken.
Weick, Karl E. | Sutcliffe, Kathleen M. : Das Unerwartete Managen. Wie Unternehmen aus Extremsituationen lernen können. Schäffer-Poeschel Verlag, 2010.