Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun. Bloomsbury Verlag GmbH, Berlin, 2012.
Charles Duhigg ist preisgekrönter Journalist der The New York Times und Autor. Er beschäftigt sich mit der Rolle der Gewohnheit. Er setzt darauf, bewusst lästige Gewohnheiten so zu verändern, dass nicht dauerhaft Wille und Disziplin gefordert sind. Damit wagt er sich in ein noch relativ unerschlossenes Feld und liefert verblüffende Erkenntnisse rund um Gewohnheiten. Er bezieht sich auf Hunderte von Studien und Interviews, um zu klären, wie die Macht der Gewohnheit unser Leben beeinflusst. U.a. zeigt er am Beispiel einer amerikanischen Klinik zu welchen Katastrophen schlechte Gewohnheiten, nicht durchdachte Routinen und nicht beachtete Sicherheitschecks in der Notaufnahme und im OP führen können. Ein anderes Beispiel ist der verheerende Brand in der Londoner U-Bahn Station King’s Cross.
Gewohnheitsschleife und die goldene Regel zur Veränderung
Zunächst veranschaulicht er, wie individuelle Gewohnheiten entstehen und wie neue geschaffen werden können. Das Gehirn geht in einem Dreischritt der Gewohnheitsschleife vor:
- 1. Es gibt einen Auslöse-Reiz (Trigger), z.B. aus den 5 Kategorien: ein Gefühl/ emotionaler Zustand (Lust) oder Gedanke, ein Ort, eine andere Person, mit der ich mich umgebe, ein Ereignis, eine Uhrzeit.
- 2. Dann folgt eine Handlungs-Routine, die ein automatisiertes Reiz-Reaktions-Schema in Gang setzt.
- 3. Und zum Schluss kommt als essentieller Punkt eine direkte Belohnung (gutes Gefühl). Dies ist zum Verständnis von schlechten Gewohnheiten und warum es so schwierig ist, sie zu verändern zentral. Das Gehirn erwartet die Belohnung und darum wird die Gewohnheit stabil.
Seine goldene Regel lautet: Gewohnheiten ändern heißt, bewusst die Routinen ändern. Daher empfiehlt Duhigg zuerst die schlechten Gewohnheiten, deren gute Gründe und den auslösenden Trigger zu finden. Wenn man dann noch die verdeckte Belohnung erkannt hat, soll man einen Plan aufstellen: Wenn künftig Auslöser X triggert, werde ich Verhalten Y zeigen, um Belohnung Z zu erreichen. Bewusstsein ist ein Schlüssel zur Veränderung.
Gewohnheiten im größeren Kontext
Wer sein Verhalten ändern möchte, sollte darum die Macht der Gewohnheit in den Blick nehmen. Denn Entscheidungen im Alltag sind selten rational und bewusst, fallen dafür aber oft unter Stress. Charles Duhigg untersucht auf 408 Seiten nicht nur die Macht der Gewohnheit für den Einzelnen, sondern auch für die Organisation und die Gesellschaft. Nach den 3 Bereichen gliedert sich auch sein Buch. Im 2. Teil betrachtet Duhigg die Gewohnheiten von Organisationen. Er geht anhand konkreter Beispiele darauf ein, wie Unternehmen durch die Macht der Gewohnheit Erfolge schaffen und ein genaues Auge auf die Gewohnheiten ihrer Kunden werfen. Im 3. Teil weitet er die Macht der Gewohnheiten auf ganze Gesellschaften aus. In diesem Kontext betrachtet er soziale Gewohnheiten anhand des Bus Boykotts von Montgomery und der sich daraus entwickelnden Bürgerrechtsbewegung in den USA.
Fazit
Charles Duhigg liefert ein neues Verständnis für die Funktionsweise von Gewohnheiten und einen Leitfaden und praktische Ratschläge für das Erreichen neuer Gewohnheiten (im Anhang). Jedes Kapitel erklärt einen anderen Aspekt dazu, wieso Gewohnheiten existieren und wie sie funktionieren. Dabei fasst er den Stand der Wissenschaft zur Gewohnheit zusammen. Es bleibt insgesamt der Eindruck zurück: Gewohnheiten haben ihren Sinn und Zweck. Und es gilt anzuerkennen: Wir erfüllen uns damit unbewusste Bedürfnisse. Immerhin läuft 43% allen Handelns gewohnheitsmäßig (bei der Körperhygiene sogar 88%!). Mit den Rezepten von Duhigg wird es in Zukunft leichter fallen, Automatismen, die der Veränderung im Wege stehen, zu stoppen und gute Vorsätze leichter zu erreichen.
Charles Duhigg: Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun. Bloomsbury Verlag, Berlin, 2012.