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Lerneinheit Innere Landkarten – Von Konstruktionen der Wirklichkeit

von Feb 18, 2020Blogs

Sagen Landkarten nicht mehr darüber aus, wie sich ihre Erzeuger im Land orientieren als über das Land selbst? Mehr also über deren Konstruktionen der subjektiven Wirklichkeit als über die Wirklichkeit an sich?

Gerade ihre Komplexitätsreduktion macht Landkarten zu einem Instrument mit hohem Nutzen – aber auch mit Grenzen. Landkarten sortieren, strukturieren und fokussieren auf Wesentliches je nach ihrem Zweck.[1] Der Begriff der Landkarte ist längst zu einer systemischen Metapher geworden und Mapping ist – nicht zuletzt durch die Kreativitätstechnik des Mind Mappings und der Abbildung von Prozesslandschaften – auch außerhalb der Kartierung zu einem gängigen Begriff geworden.

Radikaler Konstruktivismus

Es sind gerade die eigenen Landkarten, die wir uns im Laufe des Lebens erschließen, die uns zum ständigen Begleiter auf unserer Reise werden. In den 1970ern greift der radikaler Konstruktivismus von Ernst von Glasersfeld anknüpfend an die Erkenntnistheorie von Jean Piaget den Gedanken auf:[2] Mit unserer Wahrnehmung produzieren wir ein (subjektives) Abbild einer Realität, das nur abhängig vom Individuum besteht. Karten sind Ansichtssache. Realität ist durch diesen Filter für jedes Individuum nur eine Konstruktion der eigenen Sinne und Erinnerungen. Realität an sich ist viel zu komplex, als dass sie in Dimensionen von Raum und Zeit gänzlich erfahrbar wäre.

Geographische Landkarten

Kulturgut

Landkarten sind zum allgemeinen Kulturgut geworden. Und wer sich auf eine Reise in unbekanntes Terrain begibt, weiß den Wert von Landkarten von Ortskundigen zur Orientierung zwischen Sandort und Ziel zu schätzen. Das erspart einige Umwege. Denn um eine Landkarte zu erstellen, muss ich das Land ja – zumindest ein Stück weit – bereits erforscht haben. Damit werden die Sichten der nachfolgenden Anwender aber immer auch auf Ausschnitte fokussiert. Grobe Karten machen Entscheidungen leichter als differenzierte komplexe. Etwa die U-Bahn-Karte, die v.a. Haltestellen abbildet. Damit aber manipulieren sie Karten den Anwender zugleich. Den sie richten den Fokus durch die abgebildete Auswahl und die Art und Weise ihrer Darstellung.

Waldseemüller Weltkarte

So weisen gängige Weltkarten eine deutlich europazentrierte Perspektive auf. Oder kennen wir eine Weltkarte, in der Europa – klein und unbedeutend – am Rande liegt? So werden Weltbilder konstruiert. Nachdem Kolumbus 1492 die Neue Welt entdeckte und Amerigo Vespucci 1497 registrierte, auf einen bislang unbekannten Kontinent gestoßen zu sein, hat Martin Waldseemüller 1507 die berühmte Weltkarte mit dem neuen Kontinent gezeichnet, den er Vespucci zu Ehren mit America betitelte. Im Zentrum der Weltkarte von Waldseemüller ist seine Heimat zu finden: Deutschland.

Mercator Karte

Das ist auch nicht anders bei Gerhard Mercator, der 1569 in Duisburg die bis heute gängige Zylinder-Projektion zur zweidimensionalen Abbildung der Welt fand. Auf Landkarten kann die Größe der Länder zueinander nie exakt dargestellt werden. Denn von einer gekrümmten Fläche kann man zweidimensional nur Flächen und Abstände orginalgetreu darstellen oder Winkel und Abstände, nicht aber alle drei Faktoren zugleich. Die Mercator Karte war daher ein Durchbruch für die Karthographie und die Navigation in der Schifffahrt. Sie ermöglichte mit ihrem winkel- und achsentreuen Raster, den Kurs auf der Karte als gerade Linie darzustellen. Die Mercator Karte ist dafür flächenverzerrt. Je weiter Länder im Norden sind, desto größer wirken sie. Deshalb wirken Europa, die USA und Russland größer als sie im Verhältnis sind. Die Staaten der südlichen Hemisphäre wirken viel kleiner als real.

Die 1974 von Arno Peters veröffentlichte Gall-Peters-Projektion, die auf James Gall zurück geführt wird, rückt die Flächenverhältnisse ins rechte Licht. Dies hat Aufmerksamkeit erzeugt, weil die Unterschiede zur Mercador Karte frappierend sind: Das Ausmaß der Verzerrung der Proportionen zu Gunsten der westlichen Industrienationen und der weißen Erdbevölkerung wird deutlich. Wo der Fokus von wem gesetzt wurde, ist also wesentlich und darf hinterfragt werden. Indem die Landkarte ein Stück des Landes kartographiert, verbirgt sie anderes, was vom Ersteller als nicht relevant etikettiert wurde. Wo ist das Zentrum, die Mitte? Wo hört der Ausschnitt auf? Woran misst sich die Orientierung? Gibt es einen Maßstab? Stauchungen? Streckungen? Drehungen? Welche Abstraktionsgrade und grafischen Mittel finden sich – Symbole, Zeichen, Zahlen, Wörter?

Karten können sogar Realitäten schaffen, die es ohne sie nicht gäbe. Viele Länder – z.B. in Afrika und Lateinamerika – haben noch heute schnurgerade Grenzverläufe. Europäische Kolonialmächte haben die Grenzen mit dem Lineal auf einer Mercator Karte gezogen. Etwa 1884-85 in Berlin in der Kongo-Konferenz, in der sich die Kolonialmächte Afrika untereinander aufteilten.

Systemische Landkarten

In der Systemik beschreiben unsere mentalen oder inneren Landkarten daher unsere mehr oder weniger (un-) bewussten inneren Orientierungsraster, die jedes Individuum sich im Laufe des Lebens anlegt. Sie sind wie ein Spiegel der individuellen Persönlichkeit. Und sie bestimmen, worauf wir zu unserer Orientierung in der Welt unseren Fokus legen. Damit sparen Landkarten Energie. Sie verleiten nur dazu, vorschnell zu entscheiden, Wandel zu ignorieren, Neues und Unbekanntes auszublenden. Wer nur seine Landkarte kennt, kennt nur seine Sicht der Welt und tendiert dazu, sie sich immer wieder selbst zu bestätigen.

Zur sozialen Reifung dient es, seine Landkarte zu erweitern. Sich aus seiner Komfortzone heraus und in neue Erfahrungen außerhalb der bekannten Landkarte zu wagen. Sich mit Menschen treffen, die andere Fragen stellen. Vielleicht stößt das zuerst auf Widerstand, wenn Menschen uns unvermittelt mit unseren tiefsten Überzeugungen konfrontieren. Denn wenn uns andere unsere Wahrnehmungsfilter (Verzerrungen, Löschungen etc.) nehmen, steht die Welt für uns plötzlich nicht mehr im Einklang mit den unbewussten Vorstellungen von ihr. Das kann positiv sein, wenn wir neue positive Erfahrungen machen und dadurch Neues lernen. Es kann aber auch Angst und Stress erzeugen, wenn sich die Unstimmigkeit nicht gut auflöst. Unsere Welt ist auf einmal nicht mehr stimmig und begreifbar.

Da kann jede Menge emotionaler Stress und Unruhe in uns entstehen. Das ist es, was in Konflikten passiert. Dem Großhirn wird Energie abgezogen, es blockiert, und das Reptilienhirn droht unkontrolliert die Führung zu übernehmen. Es trifft uns mitten in die tieferen Ebenen unserer Persönlichkeit, unser inneres Welt- und Selbstbild kommt ins Wanken. Das Gehirn sucht Stimmigkeit und versucht alles, um Stress im Abgleich mit der inneren Landkarte zu reduzieren. Wo kämen wir da hin, wenn einer einfach käme und behaupten würde, dass die Erde eine Kugel sei…

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Quellen

[1] So habe ich für mich seit 2012 während meiner Systemischen Fort- und Weiterbildungen (bei Hans Rudi Fischer und Gunther Schmidt in Heidelberg sowie in Wiesloch bei Gunthard Weber) eine Landkarte über die systemischen Strömungen der ersten Generationen in Coaching und Beratung als A3 Poster angelegt (vgl. Systemische Landkarte). Sie hat mir in der Anfangszeit auf dem systemischen Feld gute Orientierung geboten.

[2] Dem radikalen Konstruktivismus werden auch der Kybernetiker Heinz von Foerster und die Neurobiologen Humberto Maturana und Francisco Varela zugerechnet. Paul Watzlawick betrachtete den Konstruktivismus im Kontext menschlicher Kommunikation. In Beziehungen beziehen Menschen sich auf gemeinsame Sinngebungen (Realität 2. Ordnung). Dabei betrachtet er die menschliche Kommunikation als offenes System mehrerer Wesen mit ihren Rückkopplungen.

Es gilt, nicht der Gefahr des Ja-Aber-Spiels und damit dem Austausch von Argumenten zu verfallen, wenn man die Bedürfnisse auf den Tisch bringen will. Sondern selbst geklärt, die eignen Bedürfnisse einen Moment hinten anzustellen und die Bedürfnisse des andern empathisch in den Blick zu nehmen. Um sich aufrichtig mitteilen zu können, ist zunächst Empathie für die Bitte zu geben. So dass der Bittende die Sicherheit bekommt, gesehen und gehört zu werden. Zu zeigen, dass man die Bitte gehört hat und welche empathische Vermutung zum Wozu – als Frage oder Konjunktiv formuliert – man dazu hat.

 

7. Empathisch Zuhören bevor man sich aufrichtig mitteilen kann

Eine konkrete Bitte ist eine Strategie, die zunächst die Bedürfnisse des Fragenden in den Blick nimmt. In der GFK ist die Bitte nur verstehbar, wenn sie in Zusammenhang mit den dahinter stehenden Gefühlen und Bedürfnissen geäußert wird. Wer eine Bitte äußert will etwas ändern. Die Gewaltfreie Kommunikation kennt unterschiedliche Arten von Bitten auf Ebene der Strategie. Ihr Fokus liegt dabei darauf, in Verbundenheit miteinander zu sein.

  • Handlungsbitten: sind Bitten um eine bestimmte Handlung oder um ein inhaltliches Feedback (oft um zu schnellen Lösungen zu kommen)

  • Beziehungsbitten: sind Bitten um eine einfühlsame Reaktion, um eine Mitteilung, was beim anderen angekommen ist oder wie es ihm damit geht, was er dabei empfindet. Es geht dabei als darum, dem Fühlen Raum zu geben.

Es git zunächst, das Bedürfnis des Bittenden hinter seiner Bitte genauer zu ergründen. Emphatische Vermutungen dürfen dabei nicht auf Gedanken abstellen, sondern das Fühlen adressieren. Schnell werden im Eifer des Gefechtes Gefühle mit Gedanken oder gar Vorwürfen verwechselt. Das aber zerstört jeden Kooperationswillen. Selbst wenn eine Handlungsbitte geäußert wurde, kann es sein, dass der Anfrager das Nein nicht in der Sache, sondern (1.) auf der persönlichen Ebene hört, als Absage an die Beziehung. Und dass er (2.) so in seine Bedürfnisse verstrickt ist, dass er kein Ohr für die Antwort hat und ein Nein (noch) nicht empathisch hören kann.

Dann war in Wirklichkeit die Fähigkeit offen mit einer Antwort umgehen zu können, gar nicht gegeben. Eine echte Bitte im Dialog muss mit einer offenen Entscheidung – ja oder nein – umgehen können, sonst ist es keine. Dann braucht der Antwortende nicht mit einem Nein und seinen Bedürfnissen anfangen. Vielmehr gilt es nun erst einmal, um die Beziehung zu halten, die eigenen Bedürfnisse einen Moment zu parken und die Bedürfnisse hinter der Bitte in den Blick zu nehmen. Der Bittende braucht so lange Einfühlung, bis er sich entspannt hat.

 

8.

Marshall B. Rosenberg sagte dazu: „Empathisch mit dem Nein des anderen zu sein, schützt uns davor, es persönlich zu nehmen.“

Zeit zum Nachspüren lassen, ob es im Hier und Jetzt gut ist und Zuhören, Raum halten.

Stress/ Notfallprogramm: Niemand kann Empathie geben, bevor er nicht selbst Empathie bekommen hat…

wenn Beziehung nicht trägt, geht Sicherheit verloren…

Ein Ansatz kann dann sein, nicht nur das eigene Nein gut zu erklären, sondern sich auch kurz die Zeit nehmen, eine andere Strategie mit dem Anfrager zu entwickeln, wie das dahinterliegende Bedürfnis anderweitig erfüllt werden könnte. Auf Ebene der vorgeschlagenen Strategie gibt es kein Commitment, was aber nicht heißen muss, dass es keine andere Lösung gibt, wenn wir zusammen darüber nachdenken.

In der GFK gibt es keine Abkürzung als sich in die Bedürfnisse beider Seiten einzufühlen, das ist das, was in Menschen lebendig ist.

Mit der Zuversicht, dass im Austausch unabhängig vom Ausgang eine neue tiefe Beziehungerfahrung liegt. Ein emotionaler Ausdruck, der emphatisch gehört wurde.

Hier sind mehrere Runden zu drehen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu spiegeln und eine gemeinsame Synthese zu finden. Diese Aufarbeitung im offenen Dialog kann Zeit benötigen, die nicht immer da ist. Sie hat das potenzial die Verbundenheit trotz des initialen Neins zu stärken.

Energiefluss, Vibrationsenergie/ Lebendigkeit erhöht (bei Blockaden hilft erst einmal Ausstieg aus der Situation mit ehrlichem Bedauern).

nicht im Widerstand und In Negativität, kein Leid erschaffen

mit mit vb. dun dem was in mir gerade lebendig ist Verantwortung übernehmen

Immer wieder offen nachfragen, was der andere verstanden hat, wie es ihm damit geht und was er braucht. Geschlossene Fragen helfen hier nicht weiter beim Erkunden

Angebote im Hier und Jetzt 

sich ggs. sehen und Lösung finden. Sich auf der Ebene seiner Bedürfnisse gehört zu fühlen, lässt spüren, dass ich dem anderen wichtig bin (und er auch mal sein eigenes mirzuliebe Parkt)

als Drohung, Vorwürfe und Urteile ebenso Rechtfertigung hören (statt als Selbstkundgabe) – ist keine gleiche Augenhöhe – emphatisch übersetzen, weg vom Denken hin zum Bedürfnis

im Grund kämpft jeder nur, mit seinen Bedürfnissen gesehen zu werden, die auch auf den Tisch kommen sollen

nebeneinander stehen lassen (kein ja aber)

gehört zu werden im Anliegen schafft Öffnung auch für Anliegen des anderen

wenn klare Bitten fehlen wächst die Gefahr, aneinander vorbeizureden

Bedürfnisse sind auf dem Tisch, gemeinsame Lösung finden

  einladen zum Gespräch mit offener Frage…

  • Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis hören oder als empathische Vermutung ausdrücken und wenn das geklärt ist, für beide passendere Strategie finden
  • Widerstand gegen die Strategie auflösen

Thomas-Strategie: Beziehungsaussage – dann erst Selbstkundgabe (Anregung und Perspektiverweiterung) auf Inhaltsebene

Menschen sind oft erst in der Lage, empathisch  auf die Bedürfnisse anderer zu reagieren, wenn sie selbst Empathie bekommen

Bevor Argumente auf Sachebene ankommen (Aufwand etc.), sind Bedürfnisse (des anderen) zu hören. In diesem Fall, die Beziehung zu klären.

Axiom: Bedürfnisse sind universal gültig, insb. von Person, Zeit und Ort unabhängig.

An den Anfang entspannt die Frage stellen: Würdest du dir jetzt gleich die Zeit nehmen, dich mit mir hinzusetzen und klären, was du dir von mir wünschst?

Aufrichtigkeit braucht Empathie. Sicherheit geben, der andere wird gehört und anerkannt.

Mit Energie aufeinander zu treffen, mit Energie zu spielen, da steckt eine Sehnsucht nach emotionaler Lebendigkeit drin, wo wir keine Strategien haben,  in einem verbundenen Raum. 

wir setzen uns wegen einer Lapalie hin und reden über unsere Bedürfnisse, holen sie ins Leben

[1] Ein authentisches Anschauungsbeispiel ist die Milchtütenbitte von Iris und Jürgen. Im langsamen Dialog mit laufender Rückkopplung an die Bedürfnisse beider zeigen sie, wie es gelingt, die eigenen Bedürfnisse und die Reaktanz des anderen darauf anzusprechen und – in der Haltung, gegenseitig verbunden bleiben zu wollen und sich die Zeit zu nehmen- die Beziehung in der Akzeptanz der gegenseitigen lebendigen Bedürfnisse zu vertiefen. Die Kunst ist, keinen Vorwurf zu hören, sondern die Selbstkundgabe.


 

Inspiration durch Impulse

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