Ressource Ich, Stressmanagement in Beruf und Alltag, Carl Hanser Verlag, München.
Gerade in der Corona Zeit mit all ihren Fragen und Unsicherheiten ist der Umgang mit Stress in Beruf und Alltag wichtiger denn je. Daher stellen wir einen hier bereits zum Thema Mentaltraining zitierten Klassiker des Stressmanagements vor: Hans Eberspächer – „Ressource Ich – Stressmanagement in Beruf und Alltag“. Der 2014 verstorbene Heidelberger Professor war der erste deutsche Sportpsychologe, der bei den Olympischen Spielen akkreditiert war. Er betreute deutsche Spitzensportler in diversen Disziplinen. Seine Erfahrungen hat er in diesem Buch zusammengefasst.
Bei Stressmanagement geht es ihm viel v.a. um ein Selbstmanagement im engen Sinne – dem Management der eigenen Person mit allen bewussten und unbewussten Anteilen. Gerade die eigene Person ist für Eberspächer die vielleicht wichtigste aller Ressourcen, die systematisch gemanagt werden sollte. Dazu führt der Autor auf Seite 8 aus: „Höchst erstaunlich in der Tat, dass sich die meisten im Umgang mit der Ressource, die sie mit größter Permanenz – 24 Stunden am Tag, ein ganzes Leben lang von der Geburt bis zum Tod – betrifft, nämlich im Umgang mit der eigenen Person, die Ressource Ich, so unökonomisch verhalten, als ob sie noch einige davon in Reserve hätten.“
Ziel eines gelungenen Selbstmanagement ist nach Eberspächer eine optimale Synchronisation sowohl des biotischen Systems (Körper), des mentalen Systems (Wahrnehmungen, Denken, Gefühle, Motivation, Erwartungen und Einstellungen) sowie des sozialen Systems (Personen- und Sachumfeld). Wenn die drei Systeme sich gegenseitig stützen und stärken, sind wir gut für die an uns gestellten Anforderungen aufgestellt. Dabei ist für Eberspächer das Mentale der wirksamste Hebel. Er bezieht sich dabei immer wieder auf Erkenntnisse und Beispiele aus dem Hochleistungssport.
Im ersten Kapitel „Ökonomie im Umgang mit Anforderungen“ geht Eberspächer auf die Zusammenhänge ein und legt damit den intellektuellen Grundstein für die weiteren Kapitel. Im zweiten Kapitel „Sieben Module zum ökonomischen Umgang mit Stress“ stellt Eberspächer sein mentales Fertigkeitstraining dar. Es beinhaltet vom Autor entwickelte Stressbewältigungs- und Selbstkontrollmethoden im Hochleistungssport. Das Training umfasst sieben Handlungsmodulen, die wichtigsten Fertigkeiten für Selbstmanagement in Beanspruchung- und Stresssituationen:
- Das wichtigste Gespräch – mit sich selbst
- Vorstellungen regulieren – die Macht innerer Bilder
- Stärken und Schwächen – worauf man sich verlassen soll
- Hier und jetzt – die Kultur des Augenblicks
- Entspannen – die Kunst loszulassen
- Handeln analysieren – Objektivität und Psychohygiene
- Ziele – was man anstrebt
Nach dem Eberspächer die 7 Module und daraus abgeleitete Handlungen vorgestellt hat, geht er im dritten Kapitel „Daran lässt sich arbeiten“ noch detailliert auf die Fragestellung der Motivation sowie der Bewegung und Regeneration als wesentliche Parts eines gesunden Selbstmanagements ein.
Das 4. Kapitel ist neu in der erweiterten Auflage. Hier gibt der Autor seine Erfahrungen beim Coaching von Teams wieder und zeigt die Erfolgskriterien für einen kreativ-konstruktiven Umgang und ein gesundes Teamklima auf.
Eberspächer schreibt in seinem Vorwort: „Lesen ist alles andere als bloßes Rezipieren: Wer liest, denkt mit, verbindet den Inhalt eines Buches mit eigenen Erfahrungen, macht daraus für sich etwas Neues.“ Und genau so sollte man auch sein Buch lesen. Wer genaue Anweisungen und Rezepte sucht, der ist hier weniger gut aufgehoben. Wer jedoch über seinen bisherigen Umgang mit sich reflektieren möchte und Anregungen und Ideen für einen besseren Umgang mit sich selbst sucht, der wird hier fündig.
Eberspächer, Hans (2009): Ressource Ich, Stressmanagement in Beruf und Alltag, Carl Hanser Verlag, 3. Auflage, München.