Haben Sie sich schon einmal reflektiert, wie Sie E-Mails schreiben und wie diese auf die Empfänger wirken? Etikette – bzw. Netiquette [1] -, ein gepflegter Stil in der Kommunikation, gehören im Job zum Selbstmarketing einfach dazu und wirkt unbewusst im Gegenüber nach. Doch die Antwort, was eine gute Etikette in der schnelllebigen E-Mail-Kommunikation ist, findet sich nicht in klassischen Benimmregeln. Der zeitgemäße Umgang miteinander ändert sich stetig. Darum ist moderne Etikette in der digitalen Kommunikation mehr als das Befolgen alter Konventionen und Höflichkeitsformen.
E-Mail Etikette für den Absender
Die E-Mail dient dem kurzen, schnellen Informationsaustausch. Dabei geht es in erster Linie um effektive E-Mail-Kommunikation – ohne Missverständnisse und vermeidbare Rückfragen. Emotionalität, Emotionalisierung oder ein emotionaler Zustand beim Verfassen der E-Mail haben da keinen Raum. Das Klären emotionaler Themen soll der persönlichen, direkten Kommunikation vorbehalten sein. Es geht also um Klarheit in der Sache, um den Austausch von Information und um eine äußere Form, die v.a. nicht irritiert und keinen Raum für Interpretationen lässt. Zudem vermeidet ein gute Stil unnötiges E-Mail-Ping-Pong.
Als Vorgesetzter erreicht man z.B. Effizienz durch Nutzung des E-Mail Mediums, wenn man umfänglich kommuniziert, was der andere für seine Arbeit wissen muss. E-Mail ist dazu nur geeignet, wenn der Sender davon ausgehen kann, dass die Thematik simpel genug ist. Dass Sender und Empfänger bereits weitgehend abgestimmte Landkarten haben und darum kaum umfangreiche Rückfragen, sprich ein Dialog, zu Auftragsklärung nötig sein wird. Entscheidend in der elektronischen Kommunikation ist es darum, an die Wahrnehmung und den Komfort des Empfängers bei der Aufnahme des Inhaltes zu denken. Für diese Servicequalität sind einfache Formulierungen, weitmöglich ohne Schachtelsätze, und mit nachvollziehbaren Erklärungen dienlich. Aber auch eine klare äußere Struktur.[2]
1. Betreffzeile als Zusammenfassung
Klarer sachlicher Betreff als E-Mail-Titel soll dem Empfänger konkret zusammenfassen, worum es in der E-Mail geht. Diese Etikette sorgt nicht nur für eine schnelle Orientierung und Erwartungssteuerung des Adressenten, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass die E-Mail mit Priorität behandelt wird. Dennoch soll der Text nicht über eine Zeile hinausgehen, um mit einem Blick erfasst zu werden. Da E-Mails immer häufiger auf Smartphones abgerufen werden, ist es umso wichtiger, den Betreff aussagekräftig auf 20-40 Zeichen zu begrenzen, damit der Text noch zur Gänze dargestellt wird: Konkreter als der Betreff „Teamtreffen“, wäre z.B. „Teamtreffen am 1.4.2025 – Agenda“.
2. Höfliche Anrede
Der Adressat soll sich wertschätzend und in seiner Rolle anerkannt angesprochen fühlen. Auf keinen Fall ist zur Gesprächseröffnung auf eine Anrede – bestehend aus einer mehr oder weniger formellen Begrüßungsformel, Titel und Name – zu verzichten. Lieber soll die Anrede einen Tick zu förmlich als zu flapsig sein. Der Verteilerkreis sollte angesichts der heutigen allgemeinen E-Mail-Belastung so klein wie möglich und so groß wie nötig gehalten werden. Wer im direkten Verteiler in „C:“ steht, soll auch in der Anrede benannt werden. Sollten weitere Adressaten, die Mail in „CC:“ erhalten, so dient das rein deren Information. Sie sind nicht aufgefordert, auf die Mail in irgendeiner Form zu reagieren. Die Höflichkeit gebietet es im Allgemeinen außerdem, keine Adressaten verdeckt in „BCC:“ zu nehmen.
Begrüßungsformel
Die beruflich verwendete Formel „Sehr geehrte/r“ bzw. „Sehr geehrte Damen und Herren“ galt Jahrzehnte lang als Zeichen von professionellem Respekt. Doch die Arbeitskultur wandelt sich hin zu mehr Informalität, weg von der Distanz, hin zur Nähe. Der hierarchische Abstand wird abgebaut. Klassische formale Anreden wirken da wie leere Floskeln und bauen unnötige Barrieren auf. Sie sind heute z.T. schon ein Relikt aus der alten Arbeitswelt, das im schlimmsten Fall als Gleichgültigkeit gegenüber der Einzelperson ankommt. Auch wenn die Evolution der Arbeitswelt die Form der Kommunikation anpasst – trotzdem sind natürlich immer auch der hierarchische Kontext und die Formalität des Anlasses zu berücksichtigen. „Sehr geehrte/r“ kann nach wie vor die angemessene Etikette sein, gerade wenn die Präferenzen des Empfängers nicht bekannt sind.
In einer zunehmenden Duz-Kultur können auch „Hallo“, „Liebe/r“ etc. passend sein. Ich nehme als Brücke zwischen alter und neuer Welt z.B. gerne „Sg. liebe/r Frau/ Herr…,“. Das Kürzel „sg“ am Anfang einer Nachricht hat sich in der Online-Sprache als Akronym für „Sehr geehrte/r“ etabliert. Es ist in der weniger formalen Kommunikation mit Menschen geeignet, die zum einen die klassische Anredeformel kennen und die daraus zum anderen keinen mangelnden Respekt ableiten. Ich selbst als Absenderin möchte es als professionelle Ergänzung zum persönlichen „Liebe/r“ verstanden wissen, die meine Wertschätzung der hierarchischen Verantwortung der Ansprechperson gegenüber betont. „Sg“ eignet sich nicht, wenn der Adressat damit potenziell Schwierigkeiten hat – weil er mit der Abkürzung nichts anzufangen weiß oder weil es hierarchisch nicht anschlussfähig ist.
Titel und Name
Sich als Adressat persönlich mit dem Namen angesprochen zu fühlen, wirkt auf Menschen und baut Verbindung auf. In größeren Verteilerkreisen kann auch die Ansprache mit der Position oder Rolle der Empfänger (z.B. „Liebes Team-Mitglied“) eine gleichwertige Alternative sein. Ein „Hallo an Alle“ dagegen irritiert, da unklar bleibt, ob sich wirklich jeder im Verteilerkreis adäquat angesprochen fühlt. Die Anrede mit Titeln gerät auch im Deutschen immer mehr aus der Mode. Dennoch legen noch viele Menschen unausgesprochen Wert auf die Nennung ihres Titels. Hier kann man sich Sympathien verscherzen, ohne es zu merken. Formal korrekt ist darum, zumindest Etikette im ersten E-Mail-Kontakt, den höchsten akademischen Grad/ Titel gefolgt vom Nachnamen zu verwenden, z.B. „Sehr geehrte Frau Professorin/ geehrter Herr Professor…“. Hier gilt:
- Professoren-Titel werden bei der Anrede ausgeschrieben und nur in einem unpersönlichen Adressfeld o.ä. abgekürzt.
- Doktortitel von Professoren werden in der Anrede nicht zusätzlich zu dem ausgeschriebenen Professorentitel aufgeführt, jedoch bei Verwendung der Abkürzung „Prof. Dr.“.
- Gendern: Die Abkürzung „Prof. Dr.“ lässt sich als genderneutral sehen und durch Voranstellung von „Herr/ Frau“ spezifizieren. Alternativ kann sie in der weiblichen Form explizit durch „Prof.in Dr.in“ ersetzt werden.
- Doktortitel als höchster akademischer Grad wird im Unterschied dazu auch in der Anrede als „Dr.“ – bzw. auch „Dr.in“ – abgekürzt, also z.B. „Sehr geehrte/r Herr/ Frau Dr. …“ .
- Akademische Abschlüsse (wie Dipl.-Kffr., M.Sc., M.A. etc.) werden in der Anrede nicht genannt.
3. Präzise formulierter Haupttext
Erster Satz
Ein E-Mail-Text soll so kurz wie möglich und so lang wie nötig gestaltet werden. Der zentrale Inhalt wird bereits im ersten Satz herausgestellt. Wenn in einer Mail mehrere Themen behandelt werden, so wir das ebenso im 1. Satz deutlich.
Strukturierung
Die E-Mail wird v.a. durch einen übersichtlich strukturierten Text und offensichtlich sortierten Gedanken leicht zu erfassen. Das ist ein Service für den Empfänger. Bei mehreren Themen wird für jedes ein eigener kurzer Abschnitt gewählt. Besser noch als Prosa-Text fokussiert eine Gliederung das Lesen – z.B. mit Hilfe von Nummerierungen oder (gerät- und formatunabhängigen) Aufzählungspunkten. Wem sein Thema wichtig ist, sollte dies auch zeigen und sich die Mühe machen, es vernünftig niederzuschreiben. Eine unstrukturiert geschriebene E-Mail – im schlimmsten Fall ohne Groß- und Kleinschreibung, Punkt und Komma – ist Spam für den Adressaten. Häufen sich Rechtschreib- und Interpunktionsfehler, so wirft das ein schlechtes Licht auf den Absender und auf die Ernsthaftigkeit seines Anliegens.
Emoticons, Smileys und Emojis im professionellen E-Mail-Kontext
Mittlerweile werden auch in E-Mails Emojis [3] immer mehr genutzt, und zwar auch außerhalb der privaten Kommunikation. Smileys & Co. wollen in der digitalen Welt die fehlende, nonverbale Kommunikation ersetzen – also Nuancen transportieren, die in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht normalerweise durch Mimik, Gestik und Tonfall transportiert werden. Ein Gespräch besteht eben nicht nur aus verbaler Sprache. Zeiteffizient kann eine persönliche Emotion und Note mit einfachem Klick auf eine bestimmte Emoji ausgedrückt werden. Gerade von Berufsgruppen, die in der Alltagskommunikation nicht am Laptop oder Rechner sitzen, werden E-Mails häufig auch auf dem Smartphone getippt. In der äußeren Form nehmen die E-Mails dann eher einen Chat-Stil an und sind häufiger von Emojis gespickt. Doch eigenen sich Emojis im beruflichen E-Mail-Verkehr?
Wenn in förmlichen Kontakt Emojis verwendet werden, dann jedenfalls allenfalls in geringen Maßen. Zum einen kommt es auf den Kontext und die Förmlichkeit einer Nachricht an. In E-Mails, die früher als gedruckter Brief verschickt worden wären (etwa Angebote oder Rechnungen), sind Smileys wegzulassen. Gleiches gilt natürlich etwa für Worte in reinen Großbuchstaben, die als Schreien gelesen werden, und Ausrufezeichen. Zum anderen spielt die Beziehung zum Empfänger eine entscheidende Rolle. Gerade wenn Absender und Empfänger sich noch nie begegnet sind, wirken Smileys schnell unangemessen. Je vertrautet das Verhältnis ist, umso unproblematischer bzw. nützlicher ist die Verwendung von Emojis.
Schlusssatz
Der Schlusssatz soll wiederum aus Gründen der Klarheit in der Regel ein Call-to-Action Fazit sein. Also gilt es, am Schluss präzise zu benennen, was der Adressat vom Empfänger konkret bis wann braucht oder wünscht. Im Prinzip soll der Schlusssatz dem Absendenden schon klar sein, bevor er die E-Mail zu schreiben beginnt. Denn das fokussiert darauf, über sein Ziel/ Anliegen/ Bedürfnis Klarheit zu haben.
4. Professioneller Abschluss
Grußformel und Name
Den professionellen Abschluss einer E-Mail bilden dann gemäß Etikette eine angemessene Grußformel – ohne Komma oder Ausrufezeichen (was grammatikalisch eine Aufforderung darstellt) anschließend – gefolgt vom Namen des Absenders. Z.B. bei mir
Herzliche Grüße
Elke Eberts
In der Grußformel am Ende einer E-Mail wird dabei der Titel des Absenders in der Regel nicht genannt. Stattdessen erscheint der Titel meist dann danach in der E-Mail Signatur.
In der Online-Sprache v.a. in Chats und E-Mails sind immer mehr etablierte Abkürzungen für wiederkehrende Ausdrücke zu lesen. Z.B. „hg“, „lg“, „sg“ oder „kg“ als Akronyme in der Abschiedsfloskel für „herzliche Grüße“, „liebe Grüße“, „schöne Grüße“ oder „kollegiale Grüße“. Die Form „mfg“ für „Mit freundlichen Grüßen“ gilt dabei jedoch inzwischen als in die Jahre gekommen und wird nicht mehr so häufig verwendet wie noch vor wenigen Jahren. Tatsächlich schreibe ich etwa in privaten Mails sehr oft nur „HG Elke“, weil ich die akustische Verwandtschaft von „Ha-G“ mit englisch Hug, Umarmung, stimmig und schön finde. Im beruflichen Kontext hingegen wäre mir das zu wenig professionelle Distanz.
Signatur
Eine Signatur mit den offiziellen Kontaktdaten ans Ende der E-Mail zu stellen ist ein Service für eine etwaige folgende Kontaktaufnahme des Adressaten, auf den aus Höflichkeit nicht verzichtet werden soll. Damit ist die Signatur ebenfalls Ausdruck von Etikette. Die E-Mail-Signatur soll dabei übersichtlich, informativ und gut lesbar bleiben. Wesentlich sind:
- Absender: Titel und Name sowie Funktion und Firma des Absenders
- Kontaktdaten: Übliche geschäftliche Kontaktdaten wie Postadresse, Telefon, E-Mail-Adresse sowie Website, ggf. mit Logo der Firma als CI
- Sonstiges: Optional ggf. auch Social-Media-Links und rechtliche Angaben (wie Handelsregister, Sitz, Geschäftsführende)
Insgesamt sollten eine einheitliche Standard-Schriftart und Schriftgröße bis hin zur Signatur über die gesamte E-Mail und keine unnötigen farblichen Hervorhebungen verwendet werden.
Wie Kommunikation ankommt, liegt nach dem Sender-Empfänger-Modell mehr noch in der Hand des Empfängers, wie er die Kommunikation entschlüsselt, als in der Hand des Senders. Darum bleibt last not least als wichtiger Tipp beim eigenen Kommunikationsstil: Gehen Sie dialogisch gut auf ihr Gegenüber ein, statt stur gängigen Techniken und Methoden zu folgen. Einen eigenen Kommunikationsstil zu entwickeln, heißt nicht, sich beim Sprachstil nicht auf verschiedene Konversationspartner einzustellen.
E-Mail Etikette für den Empfänger
Auch der Empfänger kann professionell und verbindlich mit der E-Mail-Kommunikation umgehen. E-Mails haben die Umlaufgeschwindigkeit im Vergleich zum klassischen Postverkehr enorm erhöht. Das sollte den Nutzer aber nicht dazu verleiten, permanent seinen Maileingang im Auge zu behalten, um umgehend auf jeglichen Posteingang zu reagieren. Zumindest nicht, wenn die E-Mail-Korrespondenz nicht die Kerntätigkeit des eigenen Berufsfeldes ist. Maximal 2-3 Zeitfenster für E-Mail-Bearbeitung pro Tag sollten die Regel sein, um sich selbst zu fokussieren. 24-48 Stunden Reaktionszeit (an Werktagen) auf eine eingehende E-Mail gilt im geschäftlichen Kontext in den meisten Fällen noch als angemessen.
Automatische Eingangsbenachrichtigungen sollten ausgeschaltet sein, um den Absender nicht mit Mails zu überfluten. Proaktive inhaltliche Rückmeldungen werden hingegen meist dankbar aufgenommen und nicht als Spam betrachtet. Dazu gehören:
- Auftragsquittierung: Kurze Antwort, in der man sich für den Auftrag bedankt und eine realistische Timeline festgelegt
- Zwischenfeedback: Bei längeren Bearbeitungszeiträumen, ein proaktives und prägnantes Update zum Stand der Umsetzung
- Erledigung: die Abgabe, idealerweise nicht erst „pünktlich“ last minute zur Deadline (on time/ just in time), sondern „rechtzeitig“ im Bearbeitungszeitraum (in time). Nicht warten und ggf. nachhaken zu müssen, dürfte den Empfänger positiv überraschen.
Tipp zum Abschluss: Die E-Mail-Kommunikation können Sie in Ihrem Verantwortungsbereich effektiver gestalten, wenn Sie die vorliegende Etikette auch allen Ihren Mitarbeitenden und Kollegen als verbindlich an die Hand geben. Zu diesem Zweck finden Sie hier unsere PDF-Version als Whitepaper. Wir freuen uns über jedes Zitat.