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Pause, Tempo, Rhythmuswechsel: Dynamik von An- und Entspannung

von Dez 1, 2015Impulsgeschichten

Anspannung und Entspannung, Tempo- und Rhythmuswechsel, sorgen für eine ausgewogene Balance und erhalten uns so auf Dauer unsere Leistungsfähigkeit.[1]

Wussten Sie, dass Wolfgang Amadeus Mozart mit 26 unterschiedlichen Tempi zwischen „langsam“ und „schnell“ arbeitete? Etwa:

  • andantino (ein wenig gehend)
  • andantino sostenuto (ein wenig zurückhaltend gehend)
  • andantino grazioso (lieblich gehend)
  • andante (gehend, nicht zu langsam)
  • andante maestoso (majestätisch gehend)
  • andante agitato (erregt gehend)
  • allegretto vivo (etwas schnell und lebhaft)
  • allegro comodo (bequem, aber schnell)
  • allegro (lustig, heiter)
  • presto con fuoco (sehr schnell und feurig)

Derart feinsinnige Abstufungen im Tempo machen Innehalten und Schnelligkeit interessant und genau diese Abstufungen und Wechsel im Tempo machen die Dynamik seiner Musik aus. Unser eigenes Herz, könnte sich wohl sehr gut mit der Musik von W. A. Mozart identifizieren. Auch es variiert den Takt, um uns zu steuern.

 

Takt und Rhythmus verbinden uns mit unserem Fühlen

Das Herz, unser ureigener Taktgeber, hat ähnlich viele Tempi zu bieten. Dabei verliert es nie den Wechsel zwischen Innehalten und Weiterschlagen aus dem Auge. Im Laufe eines 81,5-jährigen Lebens schlägt das Herz – mit durchschnittlich 70 Schlägen pro Minute, also etwas mehr als 100.000 Schlägen pro Tag im entspannten Modus – mehr als 3 Milliarden Mal. Dabei macht es unbeirrbar zu 1/3 Pause – immer zwischen den Schlägen. Auf den Tag gerechnet ist es damit 16 Stunden aktiv und ruht 8 Stunden. Einem Rhythmus, dem der ganze Organismus folgt. Heute wissen wir, dass auch unsere geistige Energie einem Aktivitäts- und Ruhe-Rhythmus folgt – dieser wiederholt sich bei den Menschen in einem Abstand von etwa 90 bis 120 Minuten. Nicht von ungefähr werden aktive Pausen nach 90 Minuten konzentrierter Arbeit empfohlen.

„Wenn Du Dein ganzes Leben und Erleben aber pausenlos ins Tätigsein verlegst und keinen Raum für mehr Besinnung vorsiehst, soll ich Dich da loben? Wie kannst du voll und echt Mensch sein, wenn Du dich selbst verloren hast? Damit Deine Menschlichkeit allumfassend… sein kann, musst du also nicht nur für die anderen, sondern auch für dich selbst ein aufmerksames Herz haben…“

 

Bernhard von Clairvaux an Papst Eugen

Stress stört den gesunden Rhythmuswechsel

Der natürliche Rhythmus wird durch eine dauerhaft hohe Anspannung und Taklung gestört. Wenn die Zeit zum achtsamen Innehalten und zum Verarbeiten neuer Informationen fehlt. Dazu reichen schon wenige bewusste Minuten. Ein paar Minuten bewusst auf den eigenen Atem lauschen, in der Stille zu verharren oder den Körper ausgiebig zu dehnen – wie es den eigenen Bedürfnissen entspricht. Innerlich und äußerlich einen Schritt zurücktreten aus dem Geschehen, sich auf sich selbst konzentrieren. Verinnerlichen. Vielleicht einen Augenblick die Hand aufs Herz legen und dem eigenen Taktgeber folgen. Lauschen, was die Natur uns von Haus aus an Entspannung mitgegeben hat.

Für Fortgeschrittene empfehlen wir neue Tempi von Anspannung und Entspannung auszuprobieren und die Tempi von Mozart zu nutzen: so können Sie z.B. „etwas schnell und lebhaft“ zum nächsten Termin laufen anstatt zu hetzen oder sich für „bequem aber schnell“ entscheiden. Für mehr Momente der Entspannung empfehlen wir Phasen des „ein wenig zurückhaltend Gehens“ oder „lieblich Gehens“. Probieren Sie es aus…

Zu den Pausen und Rhythmuswechseln gehören auch die größeren Zyklen: Die Wochenenden oder freien Tage, unsere Urlaube, die Zeit des Jahreswechsels usw. Gerade auch in Kliniken: Nicht wenige Menschen kommen zwischen den Jahren in der Klinik, die ganz einfache Dinge wie Gespräche, Lachen, Wärme durch Worte suchen. Wenn wir uns darauf einlassen, bietet uns die Zeit des Advents und des Jahresübergangs einen besonderen Raum zum Innehalten. Raum um über unser Leben hinaus zu denken, auf andere zu schauen, füreinander da zu sein.

Die Kraft der Pause

Dass Pausen Konzentrationsdefizite und Ermüdungsfolgen vermeiden, ist bekannt. Konzentriertes Arbeiten braucht die Ruhepausen: Es ist normal, dass Energie, Antriebskraft, Konzentration nachlassen. Denn Leben ist regenerationsbedürftig.

Das Bild des Mitarbeiters, der nie müde wird, der ohne Pause durcharbeitet und der dabei keine Fehler macht, ist eine Illusion. Eine Studie in der Kinderchirurgie der medizinischen Hochschule Hannover (MHH) weist die positiven Auswirkungen regelmäßiger 5 Minuten Pausen nach jeweils 25 Minuten laporoskopischer Operationen nach. [2] Die Chirurgen, die Pausen machten, schütteten deutlich weniger Stresshormone (z.B. 22 Prozent weniger Kortison) aus. Die Operateure fühlten sich nach eigenen Aussagen nach einer OP weniger müde, wenn sie während des Eingriffs kurze Pausen gemacht hatten. Auf eine gleichbleibende Leistungsfähigkeit weist die ausgeglichene Herzfrequenz hin, die bei den pausierenden Chirurgen gemessen wurde. Neben dem Stresserleben hatte die Einführung auch eine Reduzierung der Fehlerrate zur Folge. Sie war dreimal geringer als bei Kollegen, die keine Pause machten.

Spannend ist zudem, dass die Einführung der Pausen nicht zu einer Verlängerung der Operationszeiten führte. In der MHH wird seitdem das Schema der Kurzzeitpausen weitergeführt. Viele gute Argumente für den Mehrwert von Pausen… Und wo ein Wille ist, werden sich Wege finden, Pausen als Zeichen von Stärke zu lesen und sich zu erlauben, diese in den Arbeitsablauf zu integrieren. Zum Beispiel mit einem Glück-Tagebuch.

 

[1] Vgl. Geißler, Karlheinz A. (2010):  Lob der Pause  – Warum unproduktive Zeiten ein Gewinn sind, Oekom Verlag, München, S. 39 – 40; Bagus, Clara Maria (5. Auflage 2017): Vom Mann, der auszog, um den Frühling zu suchen: Eine Reise zur Leichtigkeit.

[2] Vgl. Ulrich E., Wülser M.: Gesundheitsmanagement in Unternehmen, Arbeitspsychologische Perspektiven, 6. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, S. 110. 

Es gilt, nicht der Gefahr des Ja-Aber-Spiels und damit dem Austausch von Argumenten zu verfallen, wenn man die Bedürfnisse auf den Tisch bringen will. Sondern selbst geklärt, die eignen Bedürfnisse einen Moment hinten anzustellen und die Bedürfnisse des andern empathisch in den Blick zu nehmen. Um sich aufrichtig mitteilen zu können, ist zunächst Empathie für die Bitte zu geben. So dass der Bittende die Sicherheit bekommt, gesehen und gehört zu werden. Zu zeigen, dass man die Bitte gehört hat und welche empathische Vermutung zum Wozu – als Frage oder Konjunktiv formuliert – man dazu hat.

 

7. Niemand kann Empathie geben, bevor er nicht selbst Empathie bekommen hat

Eine konkrete Bitte ist eine Strategie, die zunächst die Bedürfnisse des Fragenden in den Blick nimmt. In der GFK ist die Bitte nur verstehbar, wenn sie in Zusammenhang mit den dahinter stehenden Gefühlen und Bedürfnissen geäußert wird. Wer eine Bitte äußert will etwas ändern. Die Gewaltfreie Kommunikation kennt unterschiedliche Arten von Bitten auf Ebene der Strategie. Ihr Fokus liegt dabei darauf, in Verbundenheit miteinander zu sein.

  • Handlungsbitten: sind Bitten um eine bestimmte Handlung oder um ein inhaltliches Feedback (oft um zu schnellen Lösungen zu kommen)

  • Beziehungsbitten: sind Bitten um eine einfühlsame Reaktion, um eine Mitteilung, was beim anderen angekommen ist oder wie es ihm damit geht, was er dabei empfindet. Es geht dabei als darum, dem Fühlen Raum zu geben.

Es git zunächst, das Bedürfnis des Bittenden hinter seiner Bitte genauer zu ergründen. Emphatische Vermutungen dürfen dabei nicht auf Gedanken abstellen, sondern das Fühlen adressieren. Schnell werden im Eifer des Gefechtes Gefühle mit Gedanken oder gar Vorwürfen verwechselt. Das aber zerstört jeden Kooperationswillen. Selbst wenn eine Handlungsbitte geäußert wurde, kann es sein, dass der Anfrager das Nein nicht in der Sache, sondern (1.) auf der persönlichen Ebene hört, als Absage an die Beziehung. Und dass er (2.) so in seine Bedürfnisse verstrickt ist, dass er kein Ohr für die Antwort hat und ein Nein (noch) nicht empathisch hören kann. Dann war die Fähigkeit offen mit einer Antwort umgehen zu können, nicht gegeben.

Eine echte Bitte im Dialog muss mit einer offenen Entscheidung – ja oder nein – umgehen können, sonst ist es keine. Dann braucht der Antwortende nicht mit einem Nein und seinen Bedürfnissen anfangen. Vielmehr gilt es nun erst einmal, um die Beziehung zu halten, die eigenen Bedürfnisse einen Moment zu parken und die Bedürfnisse hinter der Bitte in den Blick zu nehmen. Der Bittende braucht so lange Einfühlung, bis er sich entspannt hat. Die Zeit zum Nachspürenlassen, ob es im Hier und Jetzt gut ist, Zuhören, Raum halten. Wenn der Bittende in seinen Konflikt nicht so reflektiert ist, sich selbst Einfühlung zu geben, braucht er die Empathie des Zuhörers.  Sich auf der Ebene seiner Bedürfnisse gehört zu fühlen, lässt spüren, dass ich dem anderen wichtig bin. Menschen sind oft erst in der Lage, empathisch auf die Bedürfnisse anderer zu reagieren, wenn sie selbst Empathie bekommen haben.

 

8. Empathisch Zuhören bevor man sich aufrichtig mitteilen kann

Marshall B. Rosenberg erkannte: „Empathisch mit dem Nein des anderen zu sein, schützt uns davor, es persönlich zu nehmen.“ 

In der GFK gibt es keine Abkürzung als sich in die Bedürfnisse beider Seiten einzufühlen. Das ist das, was in Menschen lebendig ist. Ein Ansatz Nein zu sagen und gleichzeitig in der Verbundenheit zu bleiben, ist daher, nicht nur das eigene Nein gut zu erklären, sondern sich auch die Zeit zu nehmen, eine andere Strategie im Hier und Jetzt mit dem Anfrager zu entwickeln. Solange gemeinsam einen Weg zu erkunden, wie die dahinterliegende Bedürfnis beider Seiten erfüllt werden können. Immer wieder offen nachfragen, was der andere verstanden hat, wie es ihm damit geht und was er braucht. Hier sind mitunter mehrere Runden zu drehen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu spiegeln und eine gemeinsame Synthese zu finden. Diese Aufarbeitung im offenen Dialog kann Zeit benötigen, die nicht immer da ist. Sie hat das potenzial die Verbundenheit trotz des initialen Neins zu stärken.

Auf Ebene der mit der Bitte vorgeschlagenen Strategie gibt es kein Commitment. Das muss aber nicht heißen, dass es keine andere gemeinsam getragene Lösung gibt. So gesehen bleibt es beim autonomen Nein zur anfänglichen Bitte, die nicht für beide Seiten stimmig ist. Aber der Dialog endet immer mit einem Ja zur Verbindung  durch achtsame Anerkennung der Bedürfnisse aller Seiten. Im dialogischen Austausch selbst liegt dann eine neue tiefe Beziehungerfahrung. Statt im Widerstand und In Negativität zum Nein bzw. zur Bitte zu sein, wird kein Leid erschaffen, sondern es entsteht eine höhere warme Herzensenergie, indem beide miteinander mit ihrer Lebendigkeit in Kontakt kommen.

 

9. Umgang mit Blockaden

Gehört zu werden im Anliegen schafft Öffnung auch für Anliegen des anderen. Selbst wenn ich diese Verbundenheit will, sich gegenseitig in seinen Bedürfnissen zu sehen und Lösungen zu finden, ist das nicht immer sofort möglich:

  • Ich bin selbst nicht in meiner Kraft und in der Lage mich auf den Klärungsprozess einzulassen. 

  • Man hat sich in ein Ja-Aber-Gefecht mit Urteilen, Drohung, Schuldvorwürfe und Urteile so- verfahren, dass im Moment nicht auf die Ebene der Bedürfnisse vorzudringen ist. Obwohl im Grunde jeder nur darum kämpft, mit seinen Bedürfnissen gesehen zu werden.
  • Die Beteiligten brauchen Zeit zum Nachspüren, bevor die gemeinsame Lösung sich entwickeln kann.

Bei solchen Blockaden hilft erst einmal der Ausstieg aus der Situation mit ehrlichem Bedauern und Dankbarkeit für die Ehrlichkeit. Für den Moment tritt jeder für sich ein und man lässt die Differenz stehen ohne sie persönlich zu nehmen. Ein Wiederanschließen ist dann leichter zu einem späteren Zeitpunkt aus Distanz zu den kraftraubenden Emotionen möglich. 

Die Aufrichtigkeit des Neins braucht Empathie für beide Seiten. Das gibt die Sicherheit, einander zu hören und anzuerkennen. Dahinter steck eine enorme Kraft der Verbundenheit: Die Bedürfnisse werden ins Leben geholt und schaffen lebendige Beziehungen. In dieser Haltung fließt jedes Einstehen für sich selbst letztlich sogar in eine Vertiefung der authentischen Verbindung zwischen Menschen.

So steht am Ende der Bitte das Danke.

    [1] Ein authentisches Anschauungsbeispiel ist die Milchtütenbitte von Iris und Jürgen. Im langsamen Dialog mit laufender Rückkopplung an die Bedürfnisse beider zeigen sie, wie es gelingt, die eigenen Bedürfnisse und die Reaktanz des anderen darauf anzusprechen und – in der Haltung, gegenseitig verbunden bleiben zu wollen und sich die Zeit zu nehmen- die Beziehung in der Akzeptanz der gegenseitigen lebendigen Bedürfnisse zu vertiefen. Die Kunst ist, keinen Vorwurf zu hören, sondern die Selbstkundgabe.

    [2] Axiom der GFK: Bedürfnisse sind universal gültig, insbesondere unabhängig von Person, Zeit und Ort, sonst sind es Strategien.


     

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