Wie hilft die Eisenhower Regel dem Selbst- und Zeitmanagement, Ziele und Strategien fokussierter zu erreichen? Was zeigen praktische Anwendungen von den Hobby-Seglern bzw. vom Bergsteiger zum aktiven Verzicht und Mut zum Nein?
Eisenhower Regel: Bedürfnisaufschub & Verzicht
Praktische Anwendung I: Hobby-Segler
Immer wieder werden langfristige Ziele durch kurzfristige Zwischenfälle kompromittiert – privat wie auch beruflich. Das Problem lässt sich in einem Beispiel veranschaulichen: Sarah und Josef planen seit Jahren, mit ihrem Segelboot das Mittelmeer zu überqueren. Zu Beginn eines jeden Jahres waren sie sich sicher: Dieses Jahr machen wir es. Im ersten Jahr hatten beide gerade eine neue Stelle angenommen und wollten keinen Urlaub nehmen. In den zwei folgenden Jahren war das Geld knapp geworden, da sie wichtige Anschaffungen für das neue Haus machen mussten. Und im letzten Jahr fiel kurzfristig die Hochzeit eines befreundeten Paares genau in die geplante Urlaubszeit. Nach 4 Jahren mussten sie sich eingestehen, dass es wohl so einfach nichts wird.
Menschen räumen immer wieder kurzfristigen Ziele zu Lasten der langfristigen Pläne den Vorrang ein. Schnelle Resultate oder hohe Dringlichkeit setzen sich durch. Ein weiterer Grund besteht darin, dass die langfristigen Ziele im Alltag schlicht aus dem Blick geraten und erst wieder in ruhigen Minuten als Vorsätze formuliert werden. Das Abwägen und Priorisieren zwischen kurzfristigen und langfristigen Strategien findet oft nicht statt, wenn Menschen diese auf unterschiedlichen Zeitachsen verorten.
Priorisieren mit der Eisenhower Matrix
Um langfristige Ziele zu erreichen, muss ein Mensch zum Bedürfnisaufschub fähig sein. Er muss das hedonistische Heilsversprechen schnell zu erfüllender Bedürfnisse aufschieben, um Ressourcen (vor allem Zeit) zu schaffen für Schritte zum großen Ziel hin. Dies ist oft schwer, wo kurzfristigen Ziele konkret sind und mit guten Gefühlen einher gehen. Die Schritte hin auf das große Ziel präsentieren sich jedoch als abstraktes mentales Wissen.
Jeder kennt wohl den Kampf. Um langfristige Ziele umzusetzen braucht es Willen und Disziplin zum konsequenten Selbst- und Zeitmanagement. D. h., dass manchmal z. B. drängende Tagesaufgaben hinten anzustellen sind, um etwa einen störungsfreien Raum für das Strategiemeeting der Abteilung zu schaffen. Die Essenz lässt sich so beschreiben: Kurzfristige Ziele sind aufgrund ihrer starken Präsenz durchsetzungsstark, während langfristige Ziele einsam aus der Ferne um Hilfe rufen. Diese Ziele in der Ferne brauchen einen Anwalt, der ihre Interessen vertritt. Machen Sie sich zu Ihrem Anwalt und behalten Sie so auch Ihre langfristigen Ziele gut im Auge.
Nichts anderes will die Eisenhower Regel. Die Segeltour ist wichtig für die beiden, aber nicht dringlich. Eine klassische Prio B. Damit sie nicht jedes Jahr wieder unter den Tisch fällt, ist ihr direkt im Kalender ein Zieltermin zuzuordnen. Damit geht nichts mehr unter. Und wenn doch eine kurzfristige Hochzeit als wichtiger und dringlicher priorisiert wird, dann muss gleich ein Ersatztermin festgelegt werden. Jedenfalls macht es nach 4 Jahren den Anschein, dass es Dringlichkeit gewonnen hat, eine Reise zu planen, soll nicht der Traum vom Segeln begraben werden…
Praktische Anwendung II: Bergsteiger
Zeiten des Wandels, bieten die Chance, Überkommenes und Überflüssiges zu bereinigen. Die Idee dazu geht auf Peter Drucker zurück. Fredmund Malik bezeichnet den Prozess als systematische Müllabfuhr. Wir sprechen von Verzicht. Das Problem mit Verzicht ist, dass es sich doch im Kern um lieb gewonnene Routinen handelt, über die wir nicht selten Selbstwert definieren. Ein Widerstand gegen die Veränderung, gegen den Verzicht, ist da vorgezeichnet. Eine Analogie aus der Bergwelt verdeutlicht den Ansatz:
Die höchsten Berge der Erde zu besteigen, erfordert hohe Anstrengung und klaren Fokus. Die Temperaturen liegen weit unter Null, der Wind ist eisig, die Luft wird mit jedem Schritt dünner und der Weg zum Gipfel ist senkrecht mit abfallenden Eishängen ohne Halt. Als Bergsteiger trägt man sein Haus auf dem Rücken und kann nicht alles in den Rücksack packen und mitschleppen. Je höher man kommt, desto schwieriger und anstrengender wird der Aufstieg und umso mehr muss man unwesentliche Last ablegen. Man muss Ballast abwerfen und beweglicher werden, damit man sein Ziel erreichen kann. Auf dem letzten Stück zum Gipfel ist es bei harter Witterung und schwierigem Gelände sogar nötig, den Rucksack selbst zurück zu lassen.
Nein sagen
Weniger ist oft mehr. Entscheidend ist der Fokus auf die zur Zielerreichung wichtigen Dinge. Dafür müssen die Ziele und Nicht-Ziele klar benannt sein. Wir alle müssen dafür sorgen, dass unser Gepäck nicht zu schwer ist, d. h. dass wir uns durch Verzicht immer wieder fokussieren. Das bedarf auch Mut zum Nein für alles, was mich dem Wesentlichen nicht näher bringt und in Prio D fällt. Insofern ist jedes Nein ein Bekenntnis für die Prioritäten. Für alles, was wichtig ist. Die gilt es dem anderen zu vermitteln, ohne ihn mit seinen ggf. differierenden Prioritäten vor den Kopf zu stoßen.
Vgl. Geißler, Karlheinz A. | Geißler, Jonas (2. Auflage 2017): Time is honey. Vom klugen Umgang mit der Zeit. Oekom Verlag, München, 2. Auflage 2017.