Gehört zur Motivation durch Ziele nicht u.a. immer ein fester Zeitrahmen und ein messbares Ergebnis? SMART Ziele fokussieren auf klare Ergebnisse. Doch Maja Storch nähert sich bei langfristigen Entwicklungen stärker über die Haltung bzw. das MOTTO für den Weg. Lassen sich so gute Vorsätze nachhaltig erreichen?
Führen mit Zielen als Tool zur Motivation: SMART und MOTTO
Führen mit Zielen schafft den Rahmen, Erwartungen und Bedürfnisse abzustimmen und Ziele miteinander zu vereinbaren. Mit den gerade lebendigen Motivationen umzugehen, ist die Kunst der Führung. Nicht zwingend ist die Zielerreichung an eine Vergütung zu koppeln. In der Tat zeigen Studien, dass Prämien als extrinsische Anreize kontraproduktiv auf intrinsische Motivation wirken. Die intrinsischen Motivatoren Sinn, Entfaltung und Anerkennung der eigenen Beiträge und Erfolge stärkt Menschen. Ziele defizitorientiert einzusetzen dagegen frustriert (Wenn es trotz aller Anstrengung wieder nicht genug war…). Vielen Menschen fällt es schwer, realistische und motivierende Ziele zu formulieren. Häufig werden sogar Aufgaben mit Zielen verwechselt.
Ohne Ziel ist kein PDCA möglich, und Erfolg – der wichtigste Treiber der Motivation – ist schwer darstellbar. Ziele für das Ergebnis zu formulieren hat also Vorteile – sich gemeinsam auszurichten, Fortschritte sichtbar zu machen, Potenziale zu nutzen und transparent zu sein.
SMART formulierte Ergebnis-Ziele
Doch wie werden Ziele motivierend formuliert? SMART oder doch nicht SMART? Hilft die SMART Formel, um besser in die Umsetzung zu kommen und die Vorsätze zu realisieren? Vorsätze können sich dabei sowohl auf Ergebnis (was ?) als auch auf Weg (wie) beziehen: SMART Ziele und Haltungs-/ MOTTO Ziele.
Die SMART Formel als Anker bei der Definition von klaren Zielen steht als Akronym und kann ins Deutsche so übersetzt werden:
- S = spezifisch, präzise spezifiziert
- M = messbar
- A = attraktiv für den MA (Motivation, das Wozu), angemessen für die Organisation
- R = realistisch für den Empfänger und relevant für die Organisation
- T = terminiert, zeitbezogen
Mit SMART die Motivation ansprechen, Ergebnisse erreichen
Die Formel geht auf die empirischen Ergebnisse der Psychologen Locke und Latham (1990) zurück. Latham bezieht sich darauf, wie er einmal die Aufgabe hatte, die Taktung an gefällten Bäumen pro Tag zu erhöhen. Eine klassische Frage der Effizienz im Zeitmanagement. Latham gab den Holzfällern eine hoch gesetzte, konkrete Zahl von Bäumen als Tagesziel vor. Definierte hohe Ziele, so sein Ergebnis, steigerten die Anzahl der gefällten Bäume. So einfach, so klar. Die positive Wirkung von SMART ist, dass Erfolg eindeutig messbar wird und sich in fokussierter Anwendung einen sich selbst verstärkenden Schwung des Erfolges in Gang setzen kann. Die SMART Formel kann so bei Ergebnis-Zielen sehr hilfreich sein, um für sich selbst eine Standortbestimmung zu erhalten.
Top down gesetzte SMART Ziele – wie bei Lathams Holzfäller – beinhalten die Gefahr, mit Befehl und Gehorsam verknüpft zu werden. Sie fördern extrinsische Motivation und den so g. Scheuklappenblick der Arbeiter, so dass sie nicht mehr nach rechts und links schauen. In einem dynamischen Umfeld ist das Ergebnis selten so mechanistisch abzuleiten. Da braucht es das kreative Mitdenken der Experten. Dabei helfen SMART formulierte Ziele alleine nicht weiter. Ziele, die die inneren Sehnsüchte ansprechen,– die im A abgebildete Attraktiven zur Identifikation mit dem Ziel – sie sind das Terrain der Haltungsziele.
MOTTO Ziel formulierte Wege-Ziele und Gewohnheiten
Statt sich (nur) über Zielzustände abzustimmen, kann auch das Wie der Umsetzung fokussiert werden, um die Umsetzung von Vorsätzen wahrscheinlicher zu machen. Dabei geht es um langfristige Entwicklung, die sich mehr auf den dauerhaften Prozess konzentriert, auf das System. Dafür ist der Identitätsfokus und der eigene Stolz, einflussreicher als das Resultat. Hier geht es um alltägliches Verhalten, das sich in Gewohnheiten abbildet, oder auf Ebene der Werte um Haltungen. Haltungsziele gehen zurück auf die Theorie, dass Menschen in sich zwei Bewertungen vereinen:
- Verstand (Bewusstsein) auf intellektueller/ kognitiver Ebene
- Vernunft auf emotionaler/ körperlicher Ebene
SMART gehört zur ersten Kategorie. Haltungs- bzw. Mottoziele definieren sich aus dem gefühlsmäßigen System heraus. Sie adressieren an die Zusammenarbeit mit unbewussten Mechanismen. Das Unterbewusste aber lässt sich über Bilder ansprechen. Diese Motto Ziele entstammen originär dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM), das in den 1990ern von Maja Storch* und Frank Krause an der Uni Zürich entwickelt wurde und das in sich diverse Denkschulen integriert. Hier werden Erkenntnisse zum menschlichen Lernen und Handeln aus Psychoanalyse, Motivationspsychologie und Neurowissenschaft genutzt, um die eigene Fähigkeit zum Selbstmanagement zu erweitern. V.a. stützt sich das Zürcher Ressourcen Modell auf den Rubikonprozess nach Klaus Grawe.
Rubikonprozess
Die Redewendung, „den Rubikon überschreiten“ steht als Metapher dafür, sich aktiv auf ein Risiko einzulassen, eine riskante, nicht revidierbare Entscheidung. Als Julius Cäsar am 10.1.49 v. Chr. mit seinem Heer den Grenzfluss Rubikon überschritt, löste er den römischen Bürgerkrieg aus. Der Rest ist Geschichte: Er wurde zur Figur der Weltgeschichte und das römische Reich zum letzten antiken Weltreich.
1 | Bedürfnis | Ein oft unbewusstes Anliegen oder vages Unbehagen. | „Irgendwas ist da, keine Ahnung was.“ |
2 | Motiv | Ein formulierter Wunsch, der noch nicht handlungswirksam ist. | „Es wäre schön, wenn…“ |
3 | Intention | Ein handlungswirksames Ziel wird zum MOTTO. | „Ich will.“ |
4 | Präaktionale Vorbereitung | Sich selbst in die Lage zum Handeln auf das Ziel hin versetzen. | „Ich will und ich kann!“ |
5 | Handlung | Handeln, so dass man das gefasste Ziel darin realisiert. | „Ich will, kann und tue.“ |
Der Schritt vom Motiv (2) zur Intention (3) nämlich wird als Schritt über den Rubikon bezeichnet, da nun das Abwägen zu Ende ist und ein klares Ziel angegangen wird. Dazu ist ein starker innerer Impuls nötig. Als Hebel dienen somatischer Marker nach Antonio Damasio, automatische emotionale Körperreaktionen, an denen sich das Bauchgefühl spiegelt. Ein starkes Motto Ziel beinhaltet eine Sehnsucht. Es beschreibt bewusst die angestrebte innere Haltung, Überzeugung, Identität (und nicht ein bestimmtes Verhalten). So wird eine starke emotionale Bindung erzeugt, die Energie gibt, über den Rubikon zu kommen. Es geht hier um inneren Wandel im Leben, an der es gilt dranzubleiben, auch wenn es dauert.
Für die Formulierung von MOTTO Zielen hat das ZRM Kriterien entwickelt:
- positiv formuliert und fordernd: Annäherungs-, kein Vermeidungsziel
- liegt im eigenen Einflussbereich
- erzeugt ein gutes Gefühl
Je anspruchsvoller das Ziel ist, umso weniger ist es bis dann und dann zu erreichen. Vielmehr geht es darum, etwas anders zu machen als bisher und sich dem Ziel ausdauernd zu nähern. Ganz aus sich selbst heraus. So lässt sich Erfolg ganz sich selbst zuschreiben. Und um hin-zu-Bewegungen zu unterstützen werden (un-)angenehme Ziele werden so formuliert, dass ein positiver Zustand im Mittelpunkt steht, kein Vermeidungsziel.
Ein Zeitrahmen wird nachrangig, wenn das Ziel bedeutsam ist. Das Ziel zu erreichen, benötigt die ganze Kraft sowie eine absolute mentale, physische und psychische Konzentration. Sie empfinden, die neue Identität mehr und mehr. Es entstehen starke Bilder. Dann ist die Zeitschiene nachrangig. Ist das Ziel groß genug, kann es auch ein oder zwei Jahre länger dauern, bis es erreicht ist. Es wird Ihnen jedoch nichts aus machen, da bereits auf dem Weg Erfolge und Zufriedenheit eintreten. Ein Haltungsziel leuchtet praktisch wie ein Leitstern. Es lässt Wege offen. Es unterscheidet sich von SMART-Zielen, da es gerade nicht spezifisch und konkret eine Strategie umreißt.
Führung schafft den Rahmen
Teams brauchen gemeinsame Ziele. Führen ist in hohem Maße eine gestalterische Aufgabe, die das Rückwärts Denken fordert – schon heute das Ergebnis von morgen im Sinn zu haben. Am Ende zählt, dass die Führung wirksam ist und mit dem Team Ergebnisse erreicht – langfristig. Das ist zwar nicht trivial, doch denken Sie nicht, das sei nichts für Sie, Sie wollen gar nicht führen. Sonst geht ihrem Unternehmen viel verloren: Ihr gestalterisches Potenzial. Auf Grund der Größe der Aufgabe ist es gar kein Wunder, dass niemand als Führung geboren wird – aber jeder, kann in die Aufgabe hinein wachsen. So wie der klassische Maler – jenseits der art informelle – sich schon vorab eine Vorstellung schaffte, wie sein Werk komponiert sein wird. Und je mehr der Maler übt, desto automatischer entsteht das Bild vom Ergebnis in seinem Kopf – lange bevor es auf der Leinwand für andere sichtbar wird.
In der arbeitsteiligen Welt fallen Führung und Ausführung auseinander. Wer führt, dem kann gefolgt werden. So wird alles zwei Mal geschaffen – zunächst in der Vorstellung der Führung, dann in der Umsetzung. Die Ausrichtung auf gemeinsam motivierende Ziele, weder zu große noch zu kleine, ist zentral. Viele Menschen haben kein klares Bild vom eigenen Potenzial und sehen damit nicht, wie sie sich zur Entfaltung bringen. Wenn wir ein Sinn stiftendes Ziel fokussieren, dann werden wir andere dafür begeistern können. Wenn wir klar haben, wo wir in eine bessere Zukunft hinsteuern, dann können wir damit beginnen und andere in unsere Vorhaben einbinden, ihnen Einfluss und Mitgestaltung zu ermöglichen. Gemeinsam haben wir eine ungeheure Kraft. Also – machen Sie sich nicht klein, und machen Sie v. a. Ihre Ziele nicht zu klein – entfalten Sie Ihr Potenzial, damit auch andere wachsen können.
Es braucht autonome Mitarbeiter, ihn auszugestalten
Auf der Schwelle zum 21. Jahrhundert sind die klassischen Managementansätze des Primats der Effizienz zu überdenken und in Teams das Machbare umzusetzen. Peter Drucker, Erfinder des Managements by Objectives, dem Führen mit Zielen, stellte schon fest, wie weit der Weg zu gemeinsamen Zielen ist…
[*] Weitere interessante Werke von Maja Storch:
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Storch, Maja (2011): Machen Sie doch, was Sie wollen! Wie ein Strudelwurm den Weg zu Zufriedenheit und Freiheit zeigt. Verlag Hans Huber, Bern, 2. Auflage.
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Storch, Maja (2014): Das Geheimnis kluger Entscheidungen. Von Bauchgefühl und Körpersignalen. Piper Verlag GmbH, München, 7. Auflage.
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Storch, Maja | et. al. (2015): Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen. Verlag Hans Huber, Bern, 3. Auflage.