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Lerneinheit Inspirierend Fragen – Von geistiger Hebammenkunst

von Jan 31, 2023Blogs

Über die Kunst des Fragens wurden schon viele Bücher und Beiträge geschrieben. Und es ist ein immerwährendes Thema für uns: Es lässt sich schon ein Leben lang trainieren, andere durch Fragen so zu inspirieren, dass sie enger mit ihrer Lebenskraft in Berührung kommen. Wird in diesem Verständnis nicht Fragen zu einem Inbegriff der Weisheit selbst? Viktor Frankl meinte, dass es letzten Endes das Leben selbst sei, das dem Menschen Fragen stelle. Wie lässt sich diese Vitalenergie als Zuhörer aufgreifen?

Geistige Hebammenkunst in der Antike

Der griechische Philosoph Sokrates (469-399 v.Chr.) spricht metaphorisch von Hebammenkunst, wenn er eine Person durch Fragen zu einer Erkenntnis verhilft.[1] Indem er sie die Dinge selbst herauszufinden und neue Einsichten aus sich selbst heraus gebären lässt. Diese Hilfe auf dem Weg der Erkenntnis, die auf Gurus und Belehrung konsequent verzichtet, entwickelt Sokrates als Alternative zur konventionellen Vermittlung durch Weiterreichen und Einüben von Lehrstoff. Die Kunst, andere zu Einsicht zu verhelfen, besteht für ihn mithin im Fragen und nicht im Sagen wie es geht.

In Platons Dialog mit Theaitetos vergleicht Sokrates sein Vorgehen mit dem Beruf seiner Mutter, einer Hebamme. Er helfe Seelen bei der Geburt ihrer Einsichten wie die Hebamme Frauen bei der Geburt ihrer Kinder. Er gebäre selbst keine Weisheit, sondern stehe anderen beim Gebären ihrer Erkenntnisse bei. Nie belehre er seine Schüler, aber er ermögliche ihnen durch zielgenaue Fragen schnelle Fortschritte. Als geistiger Geburtshelfer erkennt er, ob überhaupt eine Schwangerschaft vorliegt, kann Wehen beschleunigen oder verzögern oder eine Abtreibung einleiten, wenn unstimmige Gedanken auf dem Wege sind. Und wer sich als (noch) nicht für die Hebammenkunst eignet, kann erst noch zu anderen Lehrern gehen.

 

Fragekunst im Zeitalter der Aufklärung

Das Leitmotiv der Aufklärung von 1720-1800 wird mit dem bekannten Zitat des Philosophen Immanuel Kant umrissen: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ Dahinter steckt der Appell, dass der Mensch seinen Verstand gebrauchen und sich dadurch zu einer mündigen Persönlichkeit entwickeln soll. Um als selbstbestimmtes Individuum Vorurteilen, Aberglaube und Willkürherrschaft zu trotzen. Kant empfahl für die Didaktik die dialogische Lehrart der Ethik, indem Lehrer und Schüler einander wechselseitig fragen und antworten. Der Lehrer leitet durch Fragen den Gedankengang des Schülers, indem er die Anlage zu gewissen Begriffen im Sinne der Hebammenkunst entwickelt. Durch die Gegenfragen des Schülers präzisiert der Lehrer die Fragetechnik.

Wesentlicher Unterschied zwischen der Fragekunst des platonischen Sokrates und der pädagogischen Mäeutik des 18./19. Jahrhunderts war, dass das beschämende Vorgehen des Sokrates ins Gegenteil verkehrt wurde. Sokrates ließ seine Partner im Dialog erst ihre Ansichten vortragen, um sie dann zu widerlegen. So zog er oft den Zorn der Beschämten auf sich und erreichte nicht immer den Perspektivwechsel durch Gegenargumentation. Die neuzeitlichen Pädagogen hingegen entlockten ihren Schülern Aussagen darüber, was sie für wahr hielten. Die Methode ist dann fruchtbar, wenn der Lernende in einem Feld bereits eine Grundkompetenz und Eigeninitiative mitbringt. Didaktisch geht es darum, den anderen in seinem Erlebnis- und Erfahrungshorizont abzuholen und durch Impulse und Fragen zu eigenen Erkenntnissen und Handeln zu fördern. Als Hilfe zur Selbsterkenntnis.

 

Erkenntnismomente zwischen Daguerre- und Aha-Moment

Um 1837 erfand Louis Daguerre die Fotografie. Wo zuvor Maler in endloser Fleißarbeit möglichst detailgetreu die Realität abbildeten, konnte das ein technischer Apparat plötzlich schneller und besser. Die Malerei erfand sich nun neu, entfesselt durch die Fotografie. Nun konnten Künstler ihre Gefühle, Ideen und Erfahrungen mit neuen Techniken darstellen. Die moderne Malerei entstand. So gesehen erlöste die Fotografie die Malerei von der Last, realistische Abbilder schaffen zu müssen. So ähnlich störte Sokrates bisheriges Denken und verschaffte dem Dialogpartner zunächst schmerzliche Daguerre-Momente, die im Überwinden jedoch zu neuen Durchbrüchen verhalfen.

Die Aufklärer verfolgten dagegen eher, Aha- (bzw. Heureka-) Momente zu erzeugen, in denen durch neue Verknüpfung von Wissen, neue Erkenntnis geboren wird.[2] Wo Momente der Erkenntnis erleuchten und Menschen aus ihren bisherigen Denkrahmen herausspringen, wird das häufig von einem befreienden Lachen begleitet.

Der Göttinger Philosoph Leonard Nelson (1882–1927) entwickelte an die Aufklärung anknüpfend Grundsätze philosophischer Erkenntnis, die er als sokratisches Gespräch zwischen einer Gruppe von Schülern und einem Gesprächsleiter bezeichnete. Dieser verfolge, Philosophieren zu lehren und Schüler zu Philosophen zu machen. Dabei hat der Gesprächsleiter nicht selbst zur Sache sprechen und sich eigener Urteile unbedingt zu entheben, damit die Lernenden frei zum eigenen Urteil gelangen könnten. Ob dies Erkenntnis nun aber eher einem Daguerre- oder einem Aha-Moment gleicht, ist dort einerlei. Wesentlich ist die Haltung.

 

Wo bleiben heute Zeit und Raum der Erkenntnis zur Persönlichkeitsentwicklung?

Dem Menschen wurde eine Begabung in die Wiege gelegt: die Reflexionsfähigkeit, über sich selbst und geistige Dinge nachdenken zu können. So gesehen ist der Mensch von Natur aus zum Fragen gemacht und leidenschaftlich lernbegierig. Haben wir diesem wesentlichen Punkt der Persönlichkeitsentwicklung vor lauter Rationalismus lange Zeit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt? Wurde nicht viel mehr Wert darauf gelegt, Wissen zu reproduzieren und sich „richtige Antworten“ zu erarbeiten, als kreativ über inspirierende Fragen und neue Möglichkeiten zu sinnieren? Auch wenn wir die Angebote unseres freien Bildungssystem gerade in Deutschland als Kulturleistung nicht hoch genug schätzen können: Ist dem Volk der Philosophen, Dichter und Denker fast unmerklich die Tiefe der Reflexion abhanden gekommen?

Fragen sind Türöffner in den Dialog, inspirieren, auf Erkenntnissuche zu gehen, motivieren Interesse und Neugier. Und können zu neuem Denken und Kreativität einladen. Fragen öffnen neue Gedanken-Wege. Braucht unsere Gesellschaft zur Stärkung ihrer kollektiven Intelligenz heute nicht v.a. sozial und intellektuell kluge Persönlichkeiten? Solche, die – in Zeiten, in denen reproduktive Tätigkeiten durch Maschinen zuverlässiger als durch Menschen geschaffen werden können – ganzheitlich und selbstreflektiert denken? Muss unsere hohe Taktung dazu nicht bewusst immer wieder durch reflektorische Konversation unterbrochen werden, um neue Gedanken auf die Welt zu bringen? Wissen kann durch Technik und künstliche Intelligenz verwaltet werden, die Weisheit gelebten Lebens wird hingegen vom Menschen gebärt…

 

Die Kunst der dazu inspirierenden Fragen

Menschen darf es nicht mehr systematisch abgewöhnt werden, unbequeme Fragen zu stellen. Die Kunst der Frage besteht darin, Menschen zu ihrem Potenzial zu führen. Insofern geht es um nicht weniger als um das lebenslange Arbeiten an der Qualität unseres Fragens. Andere Fragen – wie z.B. die lösungsorientierten systematischen Fragen von Steve de Shazer oder die Fragen-Kollektionen von Funcke/ Rachow – führen zu anderen Antworten. Je größer die Werkzeugkiste an Fragen, umso flexibler wird man in der Anwendung der Hebammenkunst. Um dem, der danach fragt, situativ passend zum Nachdenken zu inspirieren. Inspirieren, sein eigenes gelebtes Leben weiter zu entfalten, um so ein Stück weiser zu werden.

Ob eine Frage wirkt, inspiriert und damit eine Qualität entfaltet – das hängt damit zusammen, ob sie Anschluss an die gerade in uns lebendigen Emotionen und Bedürfnisse findet. Dazu bedarf es beim Fragesteller in erster Linie seiner ganzen Präsenz und dem echten Interesse an der Lebenserfahrung des Gegenübers sowie einer sensiblen Offenheit für dessen situative Bedürfnisse. Das sind Fragen, die weder Aushorchen noch Belehren und auch keinen Druck zur Rechtfertigung  erzeugen. Der Fragende wird u.U. durch die Tiefe der menschlichen Begegnung ungewollt auch selbst mit Impulsen für sein eigenes Leben beschenkt.

Fragen können zu neuen Optionen inspirieren:

  • Sei es durch hypothetische Gedankenspiele oder Unterscheidungen: Verschlimmerung, Verbesserung, Ausnahme vom Problem, Einführung von Skalierung oder Zeitbezügen, …
  • Oder durch Fragen, die tiefer den Sinn erkunden, Erklärungen und Glaubenssätze im System erforschen, Beziehungsgeschehen und zugeschriebene Bedeutungen (auch von abstrakte Begriffen) hinterfragen.
  • (Vor-) Bewusste innere Gefühle können zudem durch Masken und Metaphern externalisiert werden und so zu neuem Erleben aus der emotionalen Distanz heraus inspirieren.

Wie Fragen inspirieren, eine neue Perspektive einzunehmen oder bestehende Vorannahmen zu hinterfragen, den Blick zu weiten oder enger zu fokussieren, bestimmt die Wirkung.
Offene W-Fragen öffnen den Geist. De verschiedenen Ws haben unterschiedliches Potenzial zur Stimulation. Die höchste philosophische Qualität beinhaltet immer das Wozu. Die Frage nach dem situativen Sinn und der Motivation. Deshalb steht sie bei Simon Sinek noch vor dem Was und Wie im Zentrum des Goldenen Kreises. Daran kann sich das Warum und Woher anschließen, das den Blick auch ins Verständnis der Vergangenheit richtet. Wobei hier das Erkunden der guten Gründe auch schnell einmal zur Rechtfertigung verführt. Die gute alte Servicehotline Frage „Was kann ich für Sie tun?“ versprüht dazwischen immer wieder besonderen Zauber, und verändert Denken oft unmittelbar.

 

Philosophie – Die Liebe zur Weisheit

Was die Kunst des Fragens durch ein personales Gegenüber bewirkt lässt sich durch das 9 Punkte Problem – analog zur Metapher des 18. Kamels – versinnbildlichen: 9 Punkte in drei Dreierreihen sollen mit 4 zusammenhängenden Linien verbunden werden. Innerhalb des Rahmens im System lässt sich die Lösung aber unmöglich finden. Die selbst auferlegte Bedingung, in diesem Denkrahmen zu bleiben, muss erst aufgegeben werden. Erst wenn die Linie durch einen gedachten weiteren Punkt außerhalb des Quadrats springt, lässt sich die Aufgabe leicht lösen. Das Springen aus dem Rahmen aber beschreibt den Weg zu neuer Erkenntnis der Welt…

Beginnt die Führung Ihre Mitarbeitenden durch Fragen zum Mitwirken einzuladen, hat sie ihre Aufgabe in komplexen und dynamischen Systemen verstanden. Gerade autonome Selbstdenker mit eigener Meinung und kritischer Reflexion im Sinne der gemeinsamen Sache haben das Potenzial, den Horizont eines ganzen Kollektives zu erweitern. Heute sind situativ differenzierte Antworten und laufender Dialog nötig. Wer mitwirkt, denkt über den Tag hinaus. Fragesteller stellen Weichen, die das Vorankommen unterstützen. Fragen öffnen Türen. Und offene Türen stellen Verbindungen zwischen Menschen her. Die Frage bleibt dann nicht ungehört, sondern inspiriert zum Antworten und sich zu involvieren.

 

 

[1] Sokrates selbst hat keine Schriften hinterlassen. Sein Schüler Platon hat in Form literarischer Dialoge die sokratische Methode an diversen Einzelfällen demonstriert. Die Mäeutik als Hebammenkunst Sokrates ist so im Wesentlichen durch Platon bekannt. Einiges deutet darauf hin, dass der in Platons Dialogen auftretende Sokrates historisch gut getroffen ist. Es ist aber möglich, dass die Bezeichnung als Hebammenkunst ein Einfall Platons war.

[2] Die Bezeichnung Heureka-Moment geht auf Archimedes von Syrakus (287-212 v.Chr.) zurück, der einer Anekdote zufolge in der Badewanne zum Archimedische Prinzip fand. Dieses besagt, dass der statische Auftrieb eines Körpers in einem Medium so groß ist wie die Gewichtskraft des von ihm verdrängten Mediums (mittlere Dichte). Nach dieser plötzlichen Erkenntnis sei er euphorisch aus dem Bade aufgesprungen und unbekleidet, laut und freudig „Heureka!“ („Ich hab’s gefunden“) rufend durch die Stadt gelaufen.

Es gilt, nicht der Gefahr des Ja-Aber-Spiels und damit dem Austausch von Argumenten zu verfallen, wenn man die Bedürfnisse auf den Tisch bringen will. Sondern selbst geklärt, die eignen Bedürfnisse einen Moment hinten anzustellen und die Bedürfnisse des andern empathisch in den Blick zu nehmen. Um sich aufrichtig mitteilen zu können, ist zunächst Empathie für die Bitte zu geben. So dass der Bittende die Sicherheit bekommt, gesehen und gehört zu werden. Zu zeigen, dass man die Bitte gehört hat und welche empathische Vermutung zum Wozu – als Frage oder Konjunktiv formuliert – man dazu hat.

 

7. Niemand kann Empathie geben, bevor er nicht selbst Empathie bekommen hat

Eine konkrete Bitte ist eine Strategie, die zunächst die Bedürfnisse des Fragenden in den Blick nimmt. In der GFK ist die Bitte nur verstehbar, wenn sie in Zusammenhang mit den dahinter stehenden Gefühlen und Bedürfnissen geäußert wird. Wer eine Bitte äußert will etwas ändern. Die Gewaltfreie Kommunikation kennt unterschiedliche Arten von Bitten auf Ebene der Strategie. Ihr Fokus liegt dabei darauf, in Verbundenheit miteinander zu sein.

  • Handlungsbitten: sind Bitten um eine bestimmte Handlung oder um ein inhaltliches Feedback (oft um zu schnellen Lösungen zu kommen)

  • Beziehungsbitten: sind Bitten um eine einfühlsame Reaktion, um eine Mitteilung, was beim anderen angekommen ist oder wie es ihm damit geht, was er dabei empfindet. Es geht dabei als darum, dem Fühlen Raum zu geben.

Es git zunächst, das Bedürfnis des Bittenden hinter seiner Bitte genauer zu ergründen. Emphatische Vermutungen dürfen dabei nicht auf Gedanken abstellen, sondern das Fühlen adressieren. Schnell werden im Eifer des Gefechtes Gefühle mit Gedanken oder gar Vorwürfen verwechselt. Das aber zerstört jeden Kooperationswillen. Selbst wenn eine Handlungsbitte geäußert wurde, kann es sein, dass der Anfrager das Nein nicht in der Sache, sondern (1.) auf der persönlichen Ebene hört, als Absage an die Beziehung. Und dass er (2.) so in seine Bedürfnisse verstrickt ist, dass er kein Ohr für die Antwort hat und ein Nein (noch) nicht empathisch hören kann. Dann war die Fähigkeit offen mit einer Antwort umgehen zu können, nicht gegeben.

Eine echte Bitte im Dialog muss mit einer offenen Entscheidung – ja oder nein – umgehen können, sonst ist es keine. Dann braucht der Antwortende nicht mit einem Nein und seinen Bedürfnissen anfangen. Vielmehr gilt es nun erst einmal, um die Beziehung zu halten, die eigenen Bedürfnisse einen Moment zu parken und die Bedürfnisse hinter der Bitte in den Blick zu nehmen. Der Bittende braucht so lange Einfühlung, bis er sich entspannt hat. Die Zeit zum Nachspürenlassen, ob es im Hier und Jetzt gut ist, Zuhören, Raum halten. Wenn der Bittende in seinen Konflikt nicht so reflektiert ist, sich selbst Einfühlung zu geben, braucht er die Empathie des Zuhörers.  Sich auf der Ebene seiner Bedürfnisse gehört zu fühlen, lässt spüren, dass ich dem anderen wichtig bin. Menschen sind oft erst in der Lage, empathisch auf die Bedürfnisse anderer zu reagieren, wenn sie selbst Empathie bekommen haben.

 

8. Empathisch Zuhören bevor man sich aufrichtig mitteilen kann

Marshall B. Rosenberg erkannte: „Empathisch mit dem Nein des anderen zu sein, schützt uns davor, es persönlich zu nehmen.“ 

In der GFK gibt es keine Abkürzung als sich in die Bedürfnisse beider Seiten einzufühlen. Das ist das, was in Menschen lebendig ist. Ein Ansatz Nein zu sagen und gleichzeitig in der Verbundenheit zu bleiben, ist daher, nicht nur das eigene Nein gut zu erklären, sondern sich auch die Zeit zu nehmen, eine andere Strategie im Hier und Jetzt mit dem Anfrager zu entwickeln. Solange gemeinsam einen Weg zu erkunden, wie die dahinterliegende Bedürfnis beider Seiten erfüllt werden können. Immer wieder offen nachfragen, was der andere verstanden hat, wie es ihm damit geht und was er braucht. Hier sind mitunter mehrere Runden zu drehen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu spiegeln und eine gemeinsame Synthese zu finden. Diese Aufarbeitung im offenen Dialog kann Zeit benötigen, die nicht immer da ist. Sie hat das potenzial die Verbundenheit trotz des initialen Neins zu stärken.

Auf Ebene der mit der Bitte vorgeschlagenen Strategie gibt es kein Commitment. Das muss aber nicht heißen, dass es keine andere gemeinsam getragene Lösung gibt. So gesehen bleibt es beim autonomen Nein zur anfänglichen Bitte, die nicht für beide Seiten stimmig ist. Aber der Dialog endet immer mit einem Ja zur Verbindung  durch achtsame Anerkennung der Bedürfnisse aller Seiten. Im dialogischen Austausch selbst liegt dann eine neue tiefe Beziehungerfahrung. Statt im Widerstand und In Negativität zum Nein bzw. zur Bitte zu sein, wird kein Leid erschaffen, sondern es entsteht eine höhere warme Herzensenergie, indem beide miteinander mit ihrer Lebendigkeit in Kontakt kommen.

 

9. Umgang mit Blockaden

Gehört zu werden im Anliegen schafft Öffnung auch für Anliegen des anderen. Selbst wenn ich diese Verbundenheit will, sich gegenseitig in seinen Bedürfnissen zu sehen und Lösungen zu finden, ist das nicht immer sofort möglich:

  • Ich bin selbst nicht in meiner Kraft und in der Lage mich auf den Klärungsprozess einzulassen. 

  • Man hat sich in ein Ja-Aber-Gefecht mit Urteilen, Drohung, Schuldvorwürfe und Urteile so- verfahren, dass im Moment nicht auf die Ebene der Bedürfnisse vorzudringen ist. Obwohl im Grunde jeder nur darum kämpft, mit seinen Bedürfnissen gesehen zu werden.
  • Die Beteiligten brauchen Zeit zum Nachspüren, bevor die gemeinsame Lösung sich entwickeln kann.

Bei solchen Blockaden hilft erst einmal der Ausstieg aus der Situation mit ehrlichem Bedauern und Dankbarkeit für die Ehrlichkeit. Für den Moment tritt jeder für sich ein und man lässt die Differenz stehen ohne sie persönlich zu nehmen. Ein Wiederanschließen ist dann leichter zu einem späteren Zeitpunkt aus Distanz zu den kraftraubenden Emotionen möglich. 

Die Aufrichtigkeit des Neins braucht Empathie für beide Seiten. Das gibt die Sicherheit, einander zu hören und anzuerkennen. Dahinter steck eine enorme Kraft der Verbundenheit: Die Bedürfnisse werden ins Leben geholt und schaffen lebendige Beziehungen. In dieser Haltung fließt jedes Einstehen für sich selbst letztlich sogar in eine Vertiefung der authentischen Verbindung zwischen Menschen.

So steht am Ende der Bitte das Danke.

    [1] Ein authentisches Anschauungsbeispiel ist die Milchtütenbitte von Iris und Jürgen. Im langsamen Dialog mit laufender Rückkopplung an die Bedürfnisse beider zeigen sie, wie es gelingt, die eigenen Bedürfnisse und die Reaktanz des anderen darauf anzusprechen und – in der Haltung, gegenseitig verbunden bleiben zu wollen und sich die Zeit zu nehmen- die Beziehung in der Akzeptanz der gegenseitigen lebendigen Bedürfnisse zu vertiefen. Die Kunst ist, keinen Vorwurf zu hören, sondern die Selbstkundgabe.

    [2] Axiom der GFK: Bedürfnisse sind universal gültig, insbesondere unabhängig von Person, Zeit und Ort, sonst sind es Strategien.


     

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